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Fräulein Fiona

Spiel mit Konventionen

Nicht nur der Name Fräulein Fiona ist ironisches Zitat einer längst vergangenen Ära, auch die Küchencrew spielt mit klassischen Traditionen

Im Wettbewerb der kulinarisch bedeutendsten Straßen Berlins liegt die Kantstraße gerade ziemlich weit vorne. Nicht nur wegen der Dichte asiatischer Restaurants, auch The Duc Ngo beglückt mit seinen Neueröffnungen die Fans asiatischer Küche. Doch ein besonderes Fräulein bereichert diese kulinarische Meile mit gehobener deutscher Küche. Zwar schon etwas länger, aber kürzlich hat Inhaberin Fiona Reymann ein neues Küchenteam vorgestellt.

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Beim Interieur bleibt alles beim guten Alten: große Holztische mit erfreulich viel Raum rundherum und weißer Tischwäsche prägen den Gastraum, moderne Kunst an den Wänden und gemütliche Beleuchtung schaffen Wohlfühlatmosphäre. Der charmante und versierte Service findet jederzeit die richtige Balance zwischen Nähe und Abstand – und auch der Hunde-Gast ist willkommen.

Die Arbeit des Küchenteams überzeugt. Die Speisekarte bietet eine kleine, aber ausgewogene Auswahl an Gerichten an, die à la carte oder im preislich fair kalkulierten Menü gewählt werden können. Der Küchenstil ist klassisch deutsch mit einem kreativen Touch und alle Gerichte sind erfreulich leicht und gleichzeitig angemessen portioniert.

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Zum Amuse Bouche kommt eine intensiv trüffelige Mini-Tarte mit Eiersalat und Saiblings­kaviar auf den Tisch. Als Vorspeise überraschen Senfeier aus Wachteleiern mit perfekt flüssigem Eigelb und ein frisches Makrelen-Tatar mit Fenchel-Ketchup und einem krossen, hauchdünnen Knäckebrot. Die Hauptgänge kommen fast gänzlich ohne Kohlenhydrate aus: butterzartes Ochsenfilet mit Speck-Wirsing gefällt den Fleisch­liebhabern ebenso wie die geschmorte Lammhaxe mit Steckrübenpüree, deren Fleisch fast von alleine vom Knochen fällt. Ein Ausflug in mediterrane Gefilde ist der Fischhauptgang, Wolfsbarsch-Filet in einem intensiven Muschel-Sud mit geräucherter Paprika und fermentiertem Knoblauch.

Die Desserts bilden den kreativen und gleichzeitig geschmack­lichen Höhepunkt des Abends. Eine Entdeckung: der cremig-kernige Pumpernickel-Pudding mit Schmand und Feigen. Nicht zu süß und mit der deutlichen Säurenote des Brotes und einem schokoladigen Abgang. Herb-kräutigeres Salbeis begleitet die geschmeidige Kürbistarte. Und Käsefans kann man mit der Käseauswahl von Blomeyer sowieso kaum einen größeren Gefallen tun. Die Weinkarte braucht pro europäischem Land kaum mehr als eine Position, um geschmacklich und preislich Freude zu bereiten. Ein entspannter Abend mit einer Küche, die klassisch ist, ohne altmodisch zu sein. (Michael Hetzinger)

Fräulein Fiona
Fritschestraße 48, Charlottenburg, Tel. 030 95 60 22 72, www.fraeulein-fiona.de, Di–Sa ab 18 Uhr, Speisen ab 7,50 €, Drei-Gänge-Menü 35 €, Glas Wein (0,2 l) ab 7 €