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Orania

Luxus à la Kreuzberg

Im Orania trifft entspannt-ambitionierte Küche auf undogmatisches Ambiente

Vor ein paar Jahren gab es in Kreuzberg schon mal einen kleinen Aufstand wegen einer Restaurant-Neueröffnung – Steinschläge und Farbbeutel inklusive. Damals eröffnete die erste McDonalds-Filiale des Stadtteils in der Wrangelstraße. Es ist also schon eine Art Tradition, die auch anlässlich des Openings des Luxus-Hotels Orania am Oranienplatz wieder auflebt. In Sachen Gentrifizierung spielt das Hotel von Dietmar Müller-Elmau, Besitzer des berühmten Schlosshotels Elmau in Bayern, natürlich in einer ganz anderen Liga. Und auch in kulinarischer Hinsicht könnte der Unterschied kaum größer sein.

Wenn man sich im Restaurant niederlässt, erkennt man höchstens an ein paar vereinzelten Brüchen in den Scheiben, wo man sich befindet. Gemütliche Sessel sowie Sitzbänke, ein Kaminfeuer, stimmungsvolles Licht – nicht zu hell, nicht zu dunkel – und eine angenehme Akustik entführen den Gast in eine entspannte, im Kontext fast surreale Welt. Das Serviceteam ist ohne Ausnahme charmant und zeigt keine Anzeichen von übertriebener Servilität.

Dogmen-frei auch die Speisekarte: Man hat die Wahl zwischen einzeln bestellbaren Gerichten, die sich zu einem maximal viergängigen Menü zusammenstellen lassen sowie Sharing-Dishes, die einem Thema gewidmet sind – Trüffel, Fisch oder Ente. Mindestens zwei Personen sollten sich zum Teilen zusammen tun, jedes der Sharing-Dishes besteht aus drei Teilen.

Orania 1

Die Küche von Küchenchef Philipp Vogel, der sich an anderem Ort bereits einen Stern erkochte, ist modern-deutsch mit asiatischen Elementen. Sein Grundprinzip: „Verfeinerung des Elementaren und Beschränkung auf das Wesentliche.“ Jeder Gang wird aus nur drei Komponenten zusammengestellt. Als Vorspeisen kommen aus der offenen Küche ein Kalbstafelspitz mit Grünkohl, japanischer Mayonnaise und Austernwürze auf den Tisch sowie Pulpo auf einem lauwarmen Artischocken-Salat mit Oliven. Der Grünkohl wird in Form von Pulver, frittiert und gekocht serviert. Das Fleisch ist perfekt rosa, ein wenig mehr Frische täte dem Gang jedoch gut. Der Pulpo ist innen zart und außen knusprig, der sudartige Salat angenehm würzig.

Begeisterung löst der Zwischengang Parmesan-Tortelloni mit Blattsalatsud aus. Der Parmesan ist flüssige Füllung, der Sud komprimiertes Salataroma. Gebeizte Salatblätter steuern Säure bei. Frische, Umami, Säure – hier ist alles drin. Die Hauptgänge halten da nicht ganz mit. Die Lachsschnitte mit Kidney-Bohnen und Bohnensprossen ist eine spannende Kombination, aber einen Tick zu rustikal. Der frisch am Tisch darüber geriebene Trüffel ist aromatisch kaum wahrnehmbar. Der Signature Dish, Knuspriges vom Schwein, mit krossem Schweineschwanz und zarter Schweineschulter wird begleitet von einer intensiven Kräutersauce und Zwiebeln. Große Freude bereitet die Patisserie mit dem Nachtisch: knuspriges Schokoladen-Mille-feuille mit Birnen und Earl-Grey-Eis.

Und auch die Rechnung trübt die Stimmung in keinster Weise, die Preise sind für die gebotene Qualität absolut angemessen. Diese Art der Gentrifizierung hat definitiv keine Steinwürfe verdient. (Michael Hetzinger)

Orania
Oranienplatz 17, Kreuzberg, Tel. 030 69 53 96 80, www.orania.berlin,
Speisen 10 bis 30 €, Getränke ab 3 €, Glas Wein (0,1 l) ab 4 €, Flasche ab 28 €