Fotos: Markthalle Neun Aufmacher Markthallen Restaurant
Markthallen Restaurant

Neue Gastwirt­schaftlichkeit

Die Crew vom Markthallen Restaurant setzt die Traditionen der deutschen Küche fort, entstaubt und belebt gleichzeitig eine ehemalige Kreuzberger Institution

Es heißt jetzt Markthallen Restaurant. Es gab ein kurzes Aufbäumen als die Zeit des Weltrestaurants Markthalle zu Ende ging. Einer der wenigen Überreste der Lebenskultur, als West-Berlin noch etwas sehr Spezielles war, ist nun auch verschwunden. Heute soll dieses urtümliche Restaurant, das eher einer Gaststätte oder sogar Kneipe ähnelt, das realisieren, was die Geschäftsführer der Markthalle Neun, Bernd Maier, Florian Niedermeier und Nikolaus Driessen, sich zum Ziel gesetzt haben. Kurz gesagt: „Anders-Essen“ und „Anders-Einkaufen“. Im respektvollem Umgang mit Mensch, Tier und Umwelt. Was als Ziel etwas hochgesteckt erscheint, das setzt das Restaurant-Team souverän und zeitgemäß um. Auch wenn die Gäste keinen Tisch reserviert haben, passt es dann doch, wenn man in ungefähr zwei Stunden fertig ist, „dann brauchen wir den“. Zwar sieht es anfänglich noch so aus, als ob gerade mal nur ein einziger Tisch besetzt ist, aber nach einer halben Stunde ist das Restaurant gut besucht. An der Theke versammeln sich Kreuzberger, Markthallen-Geschäftsführer, Biertrinker und Diskussionsfreudige. Thema: Aldi zieht aus der Markthalle aus und dm, der Drogeriemarkt, soll dafür rein. Das scheint nicht so unbedingt harmonisch zu laufen.

Markthallen Restaurant 1

Im Restaurant funktioniert an diesem Abend alles ohne Komplikationen. Im Gegenteil. Das Matjes-Tatar mit in Petersilienöl eingelegtem Matjes, gebackenem Eigelb, süßsaurer Gurke, Apfel und Senfsaat ist alles in allem dezent gewürzt, auch die eingelegten Gurken mit Apfelstücken und das gebackene Ei sind im Geschmack unbedeutend. Die Bauernterrine kommt mit süßsaurem Gemüse, Brot und gesalzener Butter auf den Tisch und ist auch als Vorspeise deklariert. Die Terrine kommt als ordentliche Portion im Glas, mit einer dicken Schmalzschicht daher und alles in allem macht sie zwei Personen satt und glücklich. Beides fällt unter die Kategorie bestes Gasthaus-Essen.

Die beiden Hauptgänge halten das Versprechen, was bei den Vorspeisen an Stilistik versprochen wird. Klassische deutsche Hausmannskost, zeitgemäß und gekonnt zubereitet. Bei der Maishähnchenbrust mit Cremespinat, Mangold und Laugenbrezel-Soufflé schmeckt jedes Detail wie es sein soll, das Produkt und sein Eigengeschmack stehen im Vordergrund, vielleicht ist der in dünne Streifen geschnittene Mangold etwas trocken? Dafür ist der Schweinebraten vom Landschwein mit Weinsauerkraut und Semmelknödel eine der besten Ausführungen dieses Klassikers. Saftig und zart der Braten, herb-säuerlich und bissfest das Sauerkraut und die Semmelknödel nicht zu weich, nicht zu fest, die Sauce dunkel und kräftig aromatisch. Beides wieder in Portionsgrößen, die den hiesigen Essgewohnheiten zu entsprechen scheinen. Eines der Gerichte, wie auch bei den Vorspeisen schon erwähnt, macht satt und zufrieden. Auf ein Dessert wird trotzdem nicht verzichtet, obwohl schon die Hälfte der Hauptgerichte im Doggy-Bag landet. Das passiert ganz selbstverständlich, denn Lebensmittelverschwendung will hier keiner. Also serviert der bemerkenswert professionelle Service ein leichtes Schokoladenmousse mit Halbgefrorenem und Kirschkompott.

Den Abend hat ein Cuvée Noir von Pflüger begleitet, zum Abschluss gab es einen Zwetschgenschnaps. Bis dahin waren die zwei Stunden längst vergangen und die für den Tisch angekündigten Gäste haben einen anderen Platz gefunden. (emh)

Markthallen Restaurant
Pücklerstraße 34, Kreuzberg, Tel. 030 617 55 02, www.markthallen-restaurant.de, Di-So 12-24 Uhr, Hauptspeisen 8 bis 21 €, Fl. Wasser 5.50 €, Fl. Wein ab 21 €