Chinesisch, kompromisslos, scharf
Schon der Name ist ein Statement. LIU ChengduWeidao heißt der chinesische Laden in der Kronenstraße. Intuitiv übersetzt:
Taschentücher, sehr viele Taschentücher sind notwendig. Das Tragen von Weiß ist riskant und vom chinesischem Gestaltungswillen sollte man sich nicht abschrecken lassen. In der Kronenstraße haben die Betreiber des Restaurants eine ebenso große Zuneigung zu Pandas wie die Berliner im Zoologischen Garten. Kleiner Hinweis: In Chengdu befindet sich eine Schutzstation, in der die Besucher sich die vom Aussterben bedrohten Pandas in einem natürlichen Lebensraum ansehen können.
In Mitte sind sie aus Plastik, stehen auf jedem Tisch und sind die Behälter für Papierservietten und Zahnstocher. An der Wand hängen auch noch ein paar. Aber die fallen irgendwie nicht ins Gewicht. Die Wahl ihres Gerichtes treffen Profis bereits im Eingangsbereich. Dort hängen die Abbildungen verschiedenster Nudelgerichte und lassen sich während des Schlangestehens begutachten. Schnell steht der Gast an der Kasse, ordert Shengjiao, das sind Nudeln mit Rindfleisch in einer scharfen Sauce, und die Begleitung will Laoma ChaoShou, das sind Teigtaschen in einer noch schärferen Sauce. Dazu ein grüner Tee mit Grapefruit und einer mit Maracuja. Ein kleiner Plastikaufsteller mit der Nummer 32 wandert über den Tresen und mit den Gästen auf den Tisch.
Nach kurzer Zeit stehen die Schalen mit dem jeweiligen Gericht vor der Nase, Stäbchen und größere Holzlöffel sind im Angebot, manchmal findet sich auch eine Gabel. Das Gegenüber hat sich eine mitgebrachte Serviette umgebunden, und noch vermutet man eine Marotte. Doch auch wenn es erst mal ganz harmlos anfängt, nach zwei Bissen wird mehr als deutlich, dass Kleckern unvermeidlich ist, genauso wie das Laufen der Nase. Ein Taschentuch nach dem anderen wandert erst über die Stirn, dann an die Nase.
Es schmeckt ganz wunderbar nach China, nach Chengdu, der Hauptstadt der Provinz Sichuan. Hier ist man berühmt für die Küche, die großzügig mit Chili und Sichuan-Pfeffer gewürzt wird. Mit unserem Verständnis von Schärfe und Pfeffer hat das wenig gemein. Dennoch: Hat man die ersten Taschentücher hinter sich, einen Hustanfall überstanden, dann eröffnen sich feine Geschmacksnoten in der Sauce wie nussig, tomatig und sogar leicht süßlich. Die Sauce von den Laoma Chao Shou, den Teigtäschchen, ist so reichlich, dass noch eine Portion Nudeln nachbestellt wird. Passt ausgezeichnet.
Den Abschluss macht noch Mian Mian, das ist ein Wassereis mit Mangogeschmack. Und dann geht es mit dem Plastikaufsteller zur Kasse. Dort bedient eine gutgelaunte Langnase, so nennen Chinesen die Europäer, und der hat ein paar Jahre in China verbracht. Der Chef hat Glück, denn das Liu ChengduWeidao gehört mittlerweile zu den Empfehlungen gerade auch unter Chinesen. (emh)
LIU ChengduWeidao
Chuan Chuan Xiang & Nudelhaus, Kronenstraße 72, Mitte,