Erholsam unprätentiös
Es ist für alle etwas dabei, ohne beliebig zu sein. Im Estelle Dining funktioniert das mit Freunden oder mit Familie Essen zu gehen ganz einfach
Aufgeschlossen und freundlich – Rebecca Bassoff und ihr Service-Team haben das, was unverfälschte Gastfreundschaft ausmacht: Persönlichkeit und Einfühlungsvermögen. Es findet sich schnell ein Platz in dem überschaubaren Gastraum. Der ist stilsicher von Interior-Designerin Lien Tran inszeniert. Sie hat einen Raum geschaffen, der sowohl puristisch als auch komfortabel wirkt. „Wir haben uns bewusst für ein kleineres Restaurant entschieden, da wir die Personalsituation kennen“, das Ehepaar Bassoff macht den Eindruck, dass es sehr genau weiß, was es tut.
Auch wenn Küchenchef Jared Bassoff eine Karriere in Gourmet-Restaurants wie Joël Robuchon’s L’Atelier oder Hôtel de Ville in Crissier sowie im Café Gray Deluxe in Hongkong hinter sich hat, definiert er Fine Dining heute anders. Nämlich entspannt, lässig und mit Konzentration auf das Wesentliche. Rebecca Bassoff hat eine ähnliche Karriere hingelegt. Eine ihrer ersten Stationen war die Traube Tonbach in Baiersbronn, dann ging es nach London zur Luxus-Hotelkette Four Seasons, nach New York, Genf und Hongkong. Und letztendlich haben sich die beiden in Joël Robuchon’s L’Atelier des Four Seasons Hotels kennengelernt.
Ein eigenes Restaurant war schon immer ihr Traum. Aber warum in Berlin? „Der Kinder wegen“, sie sollten in einer lebenswerten Stadt groß werden, so die Antwort. Das tut dem angekratzten Heimatgefühl der Berliner doch einfach mal gut. Und das ist in der Kopenhagener Straße Programm. Es soll den Gästen einfach gutgehen.
Das hat sich nach wenigen Tagen auch schon ’rumgesprochen. Und so sitzt Sven Regener mit Freunden an einem großen Tisch, genauso wie ein junges unbekanntes Paar mit seinen Eltern. Auf der Speisekarte findet jeder etwas – und es kann geteilt werden, muss aber nicht.
Als Vorspeisen gibt es verschiedene rohe Gemüse, die in Bohnen-Miso gedippt werden können. Die originelle Interpretation eines Caesar Salads mit einem Gouda-Dressing ist auch nicht zu verachten, genauso wie die eigenwillige Zubereitung des Steak Tatar unter anderem mit Frühlingszwiebeln und Meerrettich. Es kommt dann noch die Schweineschulter mit geschmortem Gemüse auf den Tisch, das kann man mit allem Drum und Dran ins Fladenbrot platzieren und mit beiden Händen verspeisen. Das Brot wird im Herzstück der Küche gebacken, nämlich im Steinofen aus dem Hause Gozney. Genauso wie die Sauerteigpizzen, die konsequent anders belegt sind als die üblichen italienischen Varianten – sei es mit gerösteten Zwiebeln, Mozzarella und Thymian oder die mit scharfer Salami, buntem Mangold und Tomate.
Die Weine sind von Rebecca Bassoff entsprechend feinfühlig ausgesucht. Sei es ein Veltliner oder ein Grauburgunder, dessen Annoncierung vor lauter Kommunikation irgendwie untergegangen ist. Beim nächsten Mal! Und schön wär es, wenn das Estelle Dining im eigenen Kiez wäre, in Tiergarten vielleicht? (emh)
Estelle Dining
Kopenhagener Straße 12 A, Prenzlauer Berg,