Fotos: emh Aufmacher 12 Seasons
12 Seasons

Erfüllte Vorahnung

Während des Lockdowns veranstaltete das Team von 12 Seasons auf ihrer Terrasse einen kleinen Markt. Diese Aktion ließ schon mal auf Gast­freundschaft und gute Küche schließen

Es ist endlich soweit. Und ein Restaurantbesuch fühlt sich schon fast wieder normal an. Die Terrasse vom 12 Seasons ist jetzt mit extravagantem Mobiliar ausgestattet, dem Stil der exklusiven Inneneinrichtung angemessen. Nur die Registrierung mit der Luca-App erinnert an harte Zeiten, die heute mit niedrigen Inzidenz-Zahlen überwunden zu sein scheinen.

Für Vitali Müller und Tim Hansen ist mit der Eröffnung des 12 Seasons ein Lebenstraum in Erfüllung gegangen. Nach langem Durchhalten. Sie hatten ihr vorheriges Restaurant Neumond in Mitte 2019 aufgegeben, um die Idee, nämlich jeden Monat mit neuen saisonalen Gerichten ihre Gäste zu verwöhnen, zu realisieren. Anstoß dazu gab der Küchenchef Kamel Haddad, ein erfahrener Koch, der zahlreiche Stationen in Berlin in Sterne- und Hotelküchen hinter sich hat. Und es war für ihn an der Zeit, seiner Kreativität Raum zu geben. Auch er musste Geduld beweisen – bis letzten Monat. Nun entsteht jeden Monat der Saison entsprechend ein neues Menü – die Gerichte werden auch à la carte angeboten.

Im Juli macht den Anfang des Fünf-Gänge-Menüs ein Lachstatar. Eine Komposition mit unterschiedlichen Texturen und Aromen wie feingewürfelte Ananas, Paprikacreme, ein Sud aus Zebratomate und Nori demonstrieren deutlich die Stilistik von Haddads Kochkunst. Der nächste Gang ist der Erbse gewidmet und zeigt, das Haddad auch feinfühlige Arrangements kann, eben ein Erbsenpüree mit fruchtig-süßer Himbeere, herb-säuerlichen Kapern, weichen Pistazienkerne und Tahina. Ein Gericht, das einen von einer besseren Welt träumen lässt, in der Gemüse die Hauptrolle spielt, aber nicht missionarischen Zwecken dient.

12 Seasons

Saisonal heißt für die 12-Seasons-Crew auch international, sprich, die Produkte kommen entsprechend der Jahreszeit von überall her. Und nicht jeder Gang muss ein dramaturgisch ausgeklügeltes Aromenspiel besitzen. Das Rinderfilet mit Karotte, Aprikose auf Tapioka mit einem Kardamonschaum ist ein Klassiker, der durch Produktqualität und entsprechendem Geschmack punktet. Als sogenanntes Prä-Dessert gibt es eine Überraschung, eine Holzschüssel auf deren Deckel der Mozzarella und eine Stachelbeere thront. Die kommt zu den Maiscrispen, den Haselnüssen und einer weißen Creme in der Schüssel dazu. Anschließend macht die Komposition aus Blaubeere, weißer Schokolade und Salzzitrone glücklich und greift noch einmal die Dramaturgie des ersten Ganges auf: gegensätzliche Texturen und konträre Aromen als gekonntes Zusammenspiel, das es so in Berlin noch nicht gibt.

Übrigens: Zu dem Fünf-Gänge-Menü wird eine Weinbegleitung angeboten, aber der saisonalen Philosophie entsprechend auch eine ausgewählte Apéro-Karte. Tim Hansens Empfehlung, was die Wahl für eine Flasche Wein betrifft, kann man vertrauen. Die Auswahl an Rieslingen ist bemerkenswert, so war „Rätzelhaft“ von Niepoort und Kettern die gelungene Begleitung an diesem Juliabend. (emh)

12 Seasons
Giesebrechtstraße 3, Charlottenburg, Tel. 030 92 25 80 49, www.12seasons.berlin, Di-Sa ab 18 Uhr, à la carte ab 14 €, Vier Gänge 55 €, Fünf Gänge 65 €, Apéro ab 9 €, Fl. Wein ab 35 €