Vom Frage- zum Ausrufezeichen!
Das Restaurant Matthias ist eindeutig eine Bereicherung. Silvio Pfeufer beweist mit seiner Küche eine eigene Stilistik, während Janine Woltaire durch außergewöhnliche Aufmerksamkeit überzeugt

Man sieht sich immer zwei Mal im Leben – was oft als Drohung verstanden wird, ist für ernstzunehmenden Food-Journalismus manchmal unumgänglich. So auch beim Restaurant Matthias. Mein erster Besuch fand bereits in der Eröffnungsphase statt. Die Erwartungen waren hoch. Denn Silvio Pfeufer (Foto, rechts) ist ein anerkannter Name in der Sternegastronomie, Janine Woltaire (links) genießt als Gastgeberin einen exzellenten Ruf. Die Presse war voll des Lobes. Doch der erste Eindruck blieb hinter den Erwartungen zurück – zu viele Fragezeichen. Daher wurde die Entscheidung getroffen: Ein zweiter Besuch zu einem späteren Zeitpunkt muss sein.
Was für ein Glück! Schon beim Empfang an diesem Abend spürt man eine souveräne, entspannte Gastfreundschaft. Gastgeberin Woltaire und Sommelier Michi Stiel ergänzen sich in ihrer aufmerksamen Betreuung der Gäste. Das schlicht-elegante Interieur unterstreicht die offene Atmosphäre: warme, erdige Töne, viel Holz, großzügige Raumaufteilung.
Beim Aperitif – ein Glas Bubbles und ein fruchtig-leichter Cocktail – lässt sich die Karte entspannt studieren. Ob à la carte oder als Fünf- oder Sechs-Gänge-Menü: Alles ist möglich.

Die Amuse-Bouches und Snacks zeigen sofort Pfeufers Mut zu ungewöhnlichen Aromenkombinationen und seine klare Produktfokussierung. Besonders hervorzuheben: das Kräutertörtchen, eine Croustade mit feiner Estragonschärfe und milder Pistaziennote. Sommelier Michi Stiel pflegt einen entspannten, zugewandten Umgang mit den Gästen und geht flexibel auf Wünsche ein – etwa, um einen passenden Wein aus der rund 250 Positionen umfassenden Karte zum Menü zu empfehlen. Seine Auswahl harmoniert perfekt mit allen Gängen.

Das Kartoffel-Sauerteigbrot mit Trüffelbutter ist so köstlich, dass Zurückhaltung schwerfällt. Lachsforelle mit Nordseekrabben und Kohlrabi setzt die Beweisführung der Pfeuferschen Kochkunst fort. Begeistert hat der Steinbutt: zart, auf einer herb-säuerlichen Sauce aus Rhabarber mit Kräuteröl, obenauf Meeresträubchen als Topping. Dramaturgisch geschickt folgt ein cremiges Wohlfühlgericht aus Pilzen, Spinat und Eigelb. Beim Hauptgang setzt Pfeufer dem Poltinger Lamm mit einem Klacks aufwendig geräucherter Aubergine ein Statement, Mönchsbart sorgt für Leichtigkeit in der Gesamtaromatik.

Auch der Abschluss überzeugt: Das Predessert erfrischt herb-fruchtig, das Dessert – Fujisan Bread, eine Kreuzung aus Brioche und Croissant, mit Kokoscreme und Cedrat-Zitrone – ist purer Genuss. Zum Espresso schließlich sind die Pralinen von Marie Mang, Pfeufers Lebensgefährtin und Betreiberin der Pralinenmanufaktur Muya, das i-Tüpfelchen.
Matthias
Kollwitzstraße 87, Prenzlauer Berg,
Mi-Fr ab 18.30 Uhr, Sa 12.30-16 Uhr und ab 19 Uhr,