
„Eine vegane Veranstaltung braucht eine gute Location“
Organisatorin Gabriele Funk
Sie ist schon seit Jahren Veganerin und schon länger Vegetarierin. Gabriele Funk hat sich aus Tierschutzgründen dafür entschieden. Michael Marco Cardinale, der Mitveranstalter, lebt seit über zehn Jahren vegan. Beide sind erfrischend undogmatisch und Gabriele Funk herzlich pragmatisch. Es geht ihnen beim veganen Weihnachtsmarkt darum, zu zeigen, dass auch in dieser Zeit vegane Lebensweise genussvoll sein und Spaß machen kann. Und warum auf dem Winterfeldtplatz? „Wir waren auf dem veganen Sommerfest auf dem Alexanderplatz und fanden den Ort ungeeignet.“ Gabriele Funk ist immer noch enttäuscht über diesen Veranstaltungsort.
Zum Platz in Schöneberg hat sie zudem eine Beziehung. Früher hat sie auf dem Wochenmarkt einen Stand gehabt und kennt die Organisatorin der bisherigen Weihnachtsmärkte. Und die der letzten Jahre sahen eher traurig aus. Das soll sich ändern. Mittlerweile sind schon über 30 Stände fest gebucht, weitere sind gerade in Verhandlung. Gabriele Funk rechnet mit über 80 Anbietern. Und für ein Rahmenprogramm sowie für Diskussionsrunden ist gesorgt. (emh)
Veganer Weihnachtsmarkt
an den Adventssonntagen, am 2.12. um 12 Uhr offizielle Eröffnung, sonst immer ab 11 Uhr geöffnet,
Moritz Rauchhaus (links) und Tobias Roth

„Eine Menükarte lässt tief blicken“
Tobias Roth und Moritz Rauchhaus, Autoren von
Tobias Roth und Moritz Rauchhaus sind nicht nur Autoren und Herausgeber, sie sind Übersetzer und Philologen. Und sie haben 100 Menüs zusammengetragen, die einen unkonventionellen Einblick in die Weltgeschichte geben. Nämlich tellerweise, anhand von Menüs. Die beiden haben Archive in New York, Dijon, Parma und in Berlin durchstöbert, Originale von französischen Patisserien oder Kochbücher Londoner Köche übersetzt. Insgesamt sind es 1.873 Gerichte, die man in diesem Werk findet, und die Menüs werden von kurzen Essays begleitet.
Den Anfang macht nicht ein Menü, sondern die Auflistung der Zutaten. König Assurnasirpal II. lud 879 v. Chr. zur Einweihung seiner neuen Residenz ein. Laut Inschrift gab er seinen Gästen zehn Tage lang Nahrung. „Ich gab ihnen zu trinken, badete sie und salbte sie.“ Herden von Mastrindern, Kälber und Schafe, Hirsche, Gazellen, Hunderte von Enten, Gänsen, Tausende von Tauben, in eben solchen Dimensionen sind Gemüse, Getreide und Nüsse, Kräuter gelistet. Es ist eine Demonstration von Reichtum und gleichzeitig von großzügiger Gastfreundschaft. Ein Profi-Koch kann sicher anhand der Liste ermessen, wie viele Köche und wie viel Arbeit hinter der Zubereitung steckt. Die unbedarfte Leserschaft wird sich eher amüsieren und wundern über die Springmäuse und über die Eselslasten an Thymian und Kümmel. Gefeiert und geschlemmt haben 69.574 Gäste.
Das Menü Nr. 2 ist der Speiseplan der Bamberger Domherren um 1200, das ist fleischlastig mit viel Innereien. Bei Nr. 28 dreht es sich um ein Festmahl bei einem König im Ruhestand, das fand am 14. Oktober 1848 statt. Es soll Ludwig I. verzehrt haben. Es sind zehn Gänge, die aufgetischt wurden. Das Festessen eines Kegelclubs aus Berlin 1892 umfasst auch zehn Gänge, bei denen allerdings das Dessert ins Auge sticht. Eisenbahnwagen? Trompete von Säckingen? Politisch deutbar und auch ein wenig anrührend ist Nr. 99, das letzte State Dinner von Barack Obama. Nicht weil seine Zeit vorbei war, sondern dass im Menü einige Zutaten aus Michelle Obamas Garten auftauchen. Es ist die letzte Ernte. Das sind dann bei den Canapés die „frisch geernteten Auberginen, das Thaibasilikum, die Johannisbeertomaten und der frisch gepflückte Rosmarin. Manche werden sich fragen, was da heute wohl wächst?
Diese wundervolle Sammlung jedenfalls macht neugierig auf mehr und relativiert gleichzeitig den Hype um gutes, gesundes, innovatives Essen. Denn nach der Lektüre von „Wohl bekam’s“ weiß man wieder, dass es fast alles schon mal gab und manches wieder entdeckt werden wird. Und Letzteres ist für die beiden Autoren ein Leitsatz. Denn sie sind, wie auf dem Foto zu erkennen, „auf der Suche nach Tortellini in Valeggio sul Mincio“. (emh)
Wohl bekam’s!
In hundert Menüs durch die Weltgeschichte, von Tobias Roth und Moritz Rauchhaus,

„Berlin ist eine Schatztruhe an Barkonzepten“
Radiofrau Meryem Celik
Sie kennt die Barszene wie kaum eine andere. Meryem Celik hat schon über Barkultur berichtet, als die meisten noch keine Ahnung hatten, was in Berlin abgehen wird. Vor rund zehn Jahren startete Barfly bei Radioeins. Die Idee dazu hatte Lutz Oehmichen. Für ihn gehört das Nachtleben der Hauptstadt zum kulturellen Leben einfach dazu. Und bis heute hat diese Musiksendung ein Alleinstellungsmerkmal im „hart umkämpften Hörfunkmarkt Europas“.
Mit der Zeit hat sich Barfly dank der Beliebtheit vom Sendetermin (samstags 1 bis 5 Uhr) nach vorne gearbeitet. Und heute gibt Oehmichen als verantwortlicher Redakteur bei der monatlichen Liveübertragung am ersten Freitag im Monat von 19 bis 21 Uhr den Takt vor. Während Meryem Celik mit den Protagonisten über das Barleben, über die Kunst der Bartender, über neue Trends spricht. Es ist ihre Stimme, die durch zwei Stunden führt, und es sind ihre Spontanität und ihr Humor, die die Protagonisten der gehobenen Trinkkultur zum Reden bringen.
Manchmal direkt vor Ort, wie letztens in der Hildegard Bar. Da bestreitet beispielsweise die erste Stunde Bartender und Chef Thomas Pflanz. Er plauderte unter anderem über die Trinkgewohnheiten der Namensgeberinnen wie Hildegard Knef oder dass Hildegard von Bingen wichtig für die Perfektionierung der Cocktails sei, da sie die Aromen und Wirkung entsprechender Kräuter sehr früh erkannte und kultivierte. Es geht um Drinks, aber auch um persönliche musikalische Vorlieben. Denn das war Oehmichen und Celik von Anfang an klar. Barmenschen haben einen ausgesuchten Musikgeschmack. In der zweiten Stunde dreht es sich bei den Gesprächen meist um die weite Welt des Nachtlebens, um besondere Events, wie zum Beispiel in der letzten Sendung über den Mixology Bar Award, über das Rum-Festival oder den Cocktailian Shop.
Celik ist durch und durch Radiofrau, sie fing bei Radio 100,6 an, dann ging es zu Radio Fritz, danach zu Radioeins, wo sie neben Barfly auch Service macht, sprich also das Wetter ansagt, und ist in der Redaktion von Hörbar Rust. Nebenbei synchronisiert sie auch Filme und singt bei The Happy Disharmonists, eine A-capella-Band, die erst letztens in der Bar jeder Vernunft aufgetreten ist. „Ein Leben ohne Musik ist für mich nicht möglich“, so Meryem Celik. Die schon wieder mit Oehmichen den nächsten Nachtflug vorbereitet. (emh)
Barfly
jeden ersten Freitagabend im Monat von 19 bis 21 Uhr auf Radioeins,

„Heute lass ich mir nichts mehr ausreden“
Zeevi Chaimovitch, der Entwickler von Kichererbsen-Tofu
Mit seiner Berufserfahrung von über 16 Jahren kann man ihn wohl als erfahrenen Koch und Gastronomen bezeichnen. Und er hat ein Gespür fürs Geschäft. Das hat er schon mit seiner Rezeptur für Burgerbrötchen, den sogenannten Buns, bewiesen. „Alle haben sich um die Paddys gekümmert, aber über die Qualität der Brötchen hat sich kaum jemand Gedanken gemacht.“ Da hatte dann Zeevi Chaimovitch die Idee und ein Rezept, das er in Zusammenarbeit mit der Bekarei realisierte und bis heute fast alle Burger-Läden, auch ein paar außerhalb Berlins, damit beliefert. Sein Pita-Brot nicht zu vergessen, auch das fährt gerade einen Erfolgskurs.
Aber Zeevi Chaimovitchs Liebe gehört eigentlich der Kichererbse. Als er nach Berlin kam, stellte er fest, dass es Hummus nicht in den hiesigen Supermärkten zu kaufen gibt. Das wollte er ändern. Doch die Verantwortlichen der Supermarktketten haben den Trend nicht erkannt und dem Kichererbsen-Experten abgeraten. Heute findet man Hummus in den Regalen von fast allen Supermärkten. „Damals habe ich auf diese Leute gehört. Heute lass ich mir nichts mehr ausreden.“ Und so können sich die Berliner glücklich schätzen. Denn der umtriebige Chaimovitch hat in seiner Passion nicht nachgelassen und einen Kichererbsen-Tofu aus Myanmar aufgestöbert. Der sogenannte Shan- oder Burmese-Tofu ist eine Alternative zu sojabasiertem Tofu.
Erstaunlicherweise gab es in Europa keinen Produzenten. Bis jetzt. Zwar hat es dann doch noch drei Jahre gedauert, bis Kofu, so heißt der Kichererbsen-Tofu, auf den Markt kam. Aber das lag an der Suche nach einem Hersteller. Jörn Gutowski von Try Foods war mittlerweile auch an Bord. Markus Treiber ist nun der Produzent, er stellt in seinem Familienbetrieb seit rund 23 Jahren klassischen Tofu her. Drei Sorten hat Zeevi Chaimovitch entwickelt: Pur, Falafel und Smoky. Und es läuft gut. Die drei Gründer des Labels Zeevi sind optimistisch. Denn Bio Company hat schon nachbestellt. (emh)
Zeevi-Kofu

„So wie wir zu Hause kochen, das ist auch in den Gläsern“
Tu-Nhu Roho, Gründerin von Mama Wong
Ihre Familie ist ein „Super-Asia-Mix“, wie sie selbst sagt. Tu-Nhu Roho, in Vietnam geboren, hat zwei Kinder, die chinesischer Abstammung sind, und ihr Mann ist Koreaner. Das klingt vielversprechend, wenn man sich deren Länderküche und Esskultur ins Bewusstsein ruft. Ihre ersten Kochexperimente startete sie vor rund acht Jahren in Peking. Dort arbeitete sie nach dem Studium über vier Jahre lang. Denn Tu-Nhu Rohos Eltern sind in den 70er Jahren nach Deutschland gekommen und sie ist in der Eifel aufgewachsen.
In Peking jedenfalls wurde sie aufgrund ihrer Kochkünste von einem Freund scherzhaft „Marinade Maid“ genannt. Nach größeren gemeinsamen Essen fragten die Gäste immer häufiger nach den Rezepten der Gerichte. „Da wir selbst nie mit Fertigsaucen und bereits vormariniertem Fleisch gekocht haben aufgrund von familiär bedingter Glutenallergie, ist so die Idee entstanden, Marinaden und Dressings herzustellen.“
Sie lebt mittlerweile seit geraumer Zeit mit ihrer Familie in Berlin und gründete in ihrer zweiten Elternzeit Mama Wong. Bei der diesjährigen Berlin Food Week präsentierte sie zum ersten Mal ihre Kreationen, die ohne Geschmacksverstärker, ohne Konservierungsstoffe, ohne Aromastoffe und glutenfrei sind. Die positive Resonanz der Besucher war für sie die Bestätigung, dass sie mit ihrem Start-up erfolgreich sein kann. Ihre zwei Marinaden und zwei Dressings sind vielseitig einsetzbar. „Wichtig ist mir, dass die Saucen authentisch sind.“ Es lassen sich nicht nur asiatische Gerichte zubereiten, sie eignen sich auch für die schnelle Küche. Auf der Homepage finden sich dazu einige Anregungen. (emh)
Mama Wong