Foto: Le Duc Salon Aufmacher Ramen
Ramenhandlungen

Berlin schlürft Ramen!

Ramen sind in Berlin im Trend. Seit letztem September gibt es sogar ein regelmäßiges Ramen-Festival. Was aber steckt hinter dieser japanischen Spezialität? Autorin und Japan-Fan Martina Marx hat recherchiert

Ramen entstand angeblich Anfang des 19. Jahrhunderts und ist eine Mischung aus chinesischer und japanischer Tradition. Chinesische Einwanderer verkauften ihre Nudelsuppen und passten sie dem japanischen Geschmack an. Der Begriff „Ramen“ kommt wahrscheinlich vom chinesischen Wort „lamian“, was „gezogene Nudeln“ bedeutet. Die Nudeln bestehen aus Weizenmehl, Wasser und Kansui (eine alkalische Lösung, die den Teig elastisch macht). Sie werden al dente in heißem Wasser gekocht und dann in verschiedene Brühen gegeben.

Den Siegeszug trat diese Art der Nudelsuppe in den 50er Jahren an, als die Instant-Ramen populär wurden. Der Film Tampopo aus der Mitte der 80er Jahre, bei dem sich alles um die besten Ramen Japans dreht, verhalf dem Produkt zumindest bei Cineasten zu Popularität. Bis diese nach Berlin kam, dauerte es aber noch eine Weile.

Pionier für diese Köstlichkeit war Oliver Prestele in den 90er Jahren. Er servierte Ramen als Streetfood, als man so etwas noch gar nicht kannte. Oliver, japan- und nudelverrückt, hatte einen kleinen mobilen Suppenstand im Schwarzen Raben, einer Bar in Mitte, manchmal auch woanders.

Foto: Cocolo Ramen Cocolo Ramen

Dann fand er seine Heimat im Cocolo Ramen in der Gipsstraße unweit vom Rosenthaler Platz. Inzwischen gehört es zum Duc-Imperium, was der Qualität aber keinen Abbruch tut. Bis heute kann man dort hervorragend Ramen essen. Die Nudeln sind hausgemacht, hergestellt mit einer aus Japan importierten Nudelmaschine und perfekt. Die Brühen natürlich auch. Inzwischen haben es die Hipster entdeckt und man muss Schlange stehen, aber es lohnt sich trotzdem.

In dem kleinen Laden, in dem man sich wie in einer japanischen Eckkneipe fühlt und um die Küche am Bartresen herumsitzt, hat man die Qual der Wahl der verschiedenen Brühen. Besonders zu empfehlen sind die TanTan Ramen. Hier wird Hackfleisch mit Miso, Sojasauce, Chili-Paste und Sake angebraten, Schweinebauch hinzugefügt und dann in eine Brühe aus Schweineknochen und Suppenhuhn – die drei Stunden gekocht wurde – gegeben und am Ende mit Chili-Öl abgeschmeckt. Die kräftige Schärfe ist für japanische Verhältnisse schon fast ungewöhnlich.

Bei Takumi NINE, eine Empfehlung der japanischen Botschaft, ist das Konzept ein wenig anders. Hier sind die Nudeln importiert – aus Sapporo – und von höchster Qualität. Die Konsistenz ist beeindruckend, auch wenn man langsam seine Brühe löffelt, bleiben die Nudeln al dente. Der Laden ist sehr klein und bei den letzten Tischen kann man, ganz authentisch, auf dem Boden sitzen. Natürlich sollte man hier passend zu den Nudeln Sapporobier trinken. Bezüglich der selbstgemachten Brühe ist die auf fermentierter Sojabohnen-, also Miso-Basis, zu empfehlen, welche auch ursprünglich aus Sapporo stammt. Sie schmeckt angenehm leicht und passt gut zu einer vegetarischen Variante von Beilagen, also Tofu und Gemüse. Inzwischen kann man tatsächlich auch Instant-Nudeln von Takumi kaufen, die für Notfälle zu Hause durchaus eine Rettung sein können, aber natürlich schmeckt das Original am besten.

Life Berlin in Neukölln ist von außen recht unscheinbar. Ursprünglich aus London kommend, hat das Restaurant sich in Berlin etabliert. Es geht wuselig zu, Life Berlin ist ein Itzakaya, also eine japanische Trinkkneipe mit Kleinigkeiten, die aber mehr und mehr ihren Fokus auf Ramen legt. Eine lange Bartheke, sodass man den Köchen zuschauen kann, bestimmt den einen Raum, im anderen kann man an gemütlichen Tischen speisen. Die Shoyu-Brühe schmeckt hier exzellent. Bestehend aus Hühner- oder Schweineknochen, Zwiebeln, Karotten, Lauch, Algen, Dashi (eine japanische Brühe aus getrocknetem Bonito-Fisch und Kombu), Sojasauce und japanischem Reiswein, Ingwer und Knoblauch für zusätzlichen Geschmack, wird sie stundenlang gekocht. Hinein kommen dann die Nudeln und unglaublich zarter geschmorter Schweinebauch, Chashu, und ein halbes wachsweiches Ei, was sehr häufig in Ramen getan wird. Ein deftiges Gericht für Wintertage.

In einem Hinterhof der Reichenberger Straße findet man die moderne, coole Buya Ramen Factory, ein Ableger aus dem sonnigen Florida. Im Sommer kann man herrlich draußen sitzen. Die Nudeln sind hausgemacht. Zu empfehlen ist hier die Tonkotzu Brühe, eine reichhaltige Brühe aus Schweineknochen, weißlich, cremig und sehr nahrhaft, die man mit verschiedenen Einlagen bestellen kann. Sehr zart war die knusprige Ente dazu und ungewöhnlich das schwarze Knoblauchöl. Im Restaurant gibt es auch eine kleine Auswahl von Sake.

Ramen haben in der japanischen Popkultur einen festen Platz, davon hat sich das kleine japanische Restaurant ULTramen in Friedenau inspirieren lassen. Ursprünglich im Wedding angesiedelt, ist es seit ein paar Jahren in die eher bürgerliche Gegend gezogen. Im Weddinger Laden konnte man lauter Comicfiguren der „Ultraman“ Science-Fiction-Serie finden, diese sind leider nicht mit umgezogen. Das stört das Publikum hier wenig, es genießt die selbstgemachten Brühen und Nudeln, welche aus den Niederlanden angeliefert werden. Interessant ist die Möglichkeit, seine Suppen auch in einer scharfen Variante zu bestellen, was ein besonderes Geschmackserlebnis ist, auch Toppings mit frittierten Garnelen sind eine erfreuliche Abwechslung. Dazu bekommt der Gast noch einen Mörser und Sesamkörner, die er selbst zermahlen und je nach Gusto in die Suppe geben kann.

Food Technique Berlin von Christopher Selig hat seine Ramenkarriere zu Coronazeiten mit Suppenverkauf aus roten Eimern begonnen. Das tut er immer noch. Aus seiner Wohnung in Mitte lässt er aus dem zweiten Stock mit einem Seil einen Eimer herab, der einen Becher mit Brühe, einen anderen mit Nudeln, Gemüse und Toppings enthält. Man muss im Voraus buchen, denn inzwischen ist diese geheime Location so bekannt, dass der hungrige Kunde es schwer hat, einen Slot zu ergattern. Der rote Eimer ist eine Hommage an einen Ramenshop in Japan, der einen blauen Eimer an die Tür hängt, als Zeichen, dass er geöffnet hat.

Inzwischen ist Christopher so erfolgreich, dass seine Ramensuppen deutschlandweit verschickt werden. Und zu Hause kocht er auch nicht mehr, sondern in einer professionellen Gewerbeküche. Aber inzwischen gibt es auch bemerkenswerte Pop-up-Events mit dem Sternekoch Stephan Hentschel oder eingeflogenen Köchen aus Japan. Bei letzterem gab es Kombusui Tsukemen, dies sind sogenannte Dipping Ramen, bei der die dünnen, handgeschnittenen Nudeln kalt in eine leichte, heiße Brühe auf Meeresfrüchtebasis getunkt werden. Ein wahres Geschmackserlebnis.

Zum Abschluss seien noch kurz die teuersten und vielleicht besten Ramen Berlins erwähnt. Duc Ngo kocht in einer Altbauwohnung in seiner Pop-up-Location Le Duc Salon in der Kantstraße sporadisch sehr elaborierte Ramen mit feinsten Zutaten für sehr wenig Menschen.

Cocolo Ramen
Gipsstraße 3, Mitte, www.kuchi.de/restaurant/cocolo-ramen

Takumi NINE
Pappelallee 19, Prenzlauer Berg, www.takuminineberlin.de

Life Berlin
Maybachufer 39, Neukölln, www.instagram.com/lifeberlinlife

Buya Ramen Factory
Reichenberger Straße 36, Kreuzberg, www.buyarestaurants.com/buya-ramen-kreuzberg.html

ULTramen
Bundesallee 110, Friedenau, www.instagram.com/ultramenberlin

Food Technique Berlin
Swinemünder Straße 1, Mitte, www.foodtechniqueberlin.de

Le Duc Salon
Kantstraße 30, Charlottenburg, www.leducberlin.de