Fotos: Selina Schrader Robert Schröter Aufmacher
Robert Schröter

„Uns geht es um den Genuss von Spirituosen“

Berlins Barkultur boomt. Einer der die Weiterentwicklung und Qualität nach vorne bringen will ist Robert Schröter. Er betreibt die Kupfer Bar und organisiert zum dritten Mal das Festival Craft Cocktails. In dieser Zeit offerieren rund 20 Bars besondere Drinks

Interview: Eva-Maria Hilker • Fotos: Selina Schrader

Nach Craft Bier also Craft Cocktails – sind tatsächlich alle Elemente der Drinks handgemacht bzw. von kleinen Manufakturen produziert?
Robert Schröter: Tatsächlich gelingt es uns, ab und an Cocktails zu kreieren, deren Zutaten komplett aus Manufakturen stammen. Dies ist natürlich der Königsweg. Da diese Bewegung aber noch immer nicht so groß ist, wie wir uns dies wünschen, ist das noch die Ausnahme. Doch steigt nicht nur der Anteil der handgemachten Zutaten in unseren Drinks. Vor allem stoßen wir immer häufiger auf interessante Produzenten, die uns aufgrund ihres Handwerks und ihrer Produkte auf ganz neue Ideen bringen!

Kannst du ein Beispiel nennen?
Mimiferments aus Moabit zum Beispiel vereint japanische Kojikulturen auch mit regionalen Zutaten. So gibt es beispielsweise ein Rote-Bete-Miso. Und im Kontakt mit dem Besitzer Markus Shimizu kommt man so auf ganz spannenden Möglichkeiten, seine eigenen Cocktailzutaten vorzufermentieren.

Geben Spirituosenkonzerne nicht häufig den finanziellen Anschub für eine Bar?
In der Tat ist dies eine der klassischen Anschubfinanzierungen. Jedoch gibt es nur wenige Gastronomen, die bekannt genug sind, um sich von Spirituosenfirmen schon den Start finanzieren zu lassen. Das ist tatsächlich üblicher mit der Hilfe von Brauern. Da gibt es in Deutschland natürlich eine sehr interessante Landschaft. Auch kleine Brauer haben hier die Chance, für finanzielle Unterstützung groß genug zu werden. Da braucht es nicht gleich Konzerne, wie dies bei Spirituosen der Fall ist.

Welche Alternativen gibt es?
Klassisch sind da Banken, Partner oder das geliehene Geld im Freundeskreis zu nennen. Modern wird so etwas auch schon mal via Crowdfunding oder Anleihen gelöst. Im Asiatischen und Anglo-Amerikanischen Raum hingegen findet man oft auch eine Art Anteilseigner-Möglichkeit. Doch diese Möglichkeit des Privilegienkaufs ist besonders in Berlin verpönt.

Welche Möglichkeiten sind wo üblich?
In Asien kann man sich als „VIP-Partner“ in hippe neue Bars einkaufen. Und bekommt dann eine Art Vitrine, in welcher der eigene Name, die Lieblingsflasche und das eigene Glas zur Schau gestellt werden. Also diesen Status kauft man sich mit dem Anteilserwerb bei Eröffnung. In den USA kann man dann als Partner oft besondere Vorzüge wie freie Tischwahl genießen. In Großbritannien gibt es geschlossene Klubs nur für Mitglieder. So wie das Soho-House beispielsweise.

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Mit wem arbeitest du in deiner Kupfer Bar zusammen?
Wir arbeiten wir vor allem mit Spree Gin, Pijökel und Znaida Wermut aus dem Prenzlauer Berg, den Rums und Whiskies von Spreewood Distillers aus dem Spreewald oder Freytag vom Ostkreuz zusammen. Aber auch die Destillerien von Dr. Katharina Zott aus dem Allgäu oder Franziska Bischof aus der Rhön haben einen festen Platz bei uns!

Wie lange arbeitest du schon als Bartender? Was macht heute diese Profession aus?
Ich begann im Jahre 2000 und arbeitet mich durch alle Spüler- und Garderobierenpositionen hoch. Dadurch kann ich auf allen Ebenen die Entwicklung sehen. So recherchieren wir heute viel genauer, was wir einkaufen. Zutaten in Industrieprodukten werden geprüft, neue Techniken und Prozesse wie fat-washing, Heim-Destillation oder eigene Fermentation werden von Jahr zu Jahr populärer. Und bringen uns allen unsere Produkte und Zutaten näher! Wir schütten Drinks nicht mehr einfach nur zusammen – wir konzipieren und evaluieren viel genauer bezüglich beispielsweise Herkunft, ökologischem Fußabdruck oder Wirkungsweisen auf unsere Gäste. Als ich begann, gab es genau ein nennenswertes Cocktailbuch – Schumann’s. Seither überbieten wir uns auch Dank der Arbeit der Mixology mit Buchmetern der Barliteratur. Und dann ist ja auch das Internet schon länger so weit, dass man auf die dort gefundenen Informationen halbwegs bauen kann. Zwar würde ich mir besonders von jungen Bartendern noch mehr Ausdauer oder Liebe zum Handwerk und weniger Technik-Firlefanz wünschen. Auch einen weiteren Horizont und dass sie nicht die Karotte des Markenbotschafter werden, sprich mit ihrem Konzept gefressen werden. Doch wurde das sicherlich früher auch schon gesagt ...

Früher war der Bartender auch Entertainer – ist heute Kommunikation noch wichtig?
Wir alle starren zu viel auf Bildschirme – besonders auf’s Telefon. Dies dient sicherlich der Kommunikation, aber eben auch der Unterhaltung. Wir in Europa sind so reich, dass wir uns permanent unterhalten lassen können. Und wenn der Bartender nicht interessant genug ist, könnte man jederzeit auf das Telefon ausweichen.

Es ist also heute wichtiger denn je, kommunikativ und eloquent zu sein?
Die Menschen kommen ja in eine Bar, um zu interagieren. Würden sie nur den Drink suchen, könnten sie den eventuell zu Hause machen. Oder, ziemlich schlimm, einen Cocktail aus der Dose nehmen. Dass wir das nicht tun, verrät unseren Wunsch nach Gemeinsamkeit. Nach nachhaltigen Erlebnissen, die einen das Leben fühlen lassen. Deswegen sage ich, ein einzelner Mensch kann in Zeiten der YouTube-Compilation-Spektakel als Entertainer nicht mehr groß punkten. Aber ganz klassisch als Gastgeber zu fungieren und Gäste sich wohlfühlen zu lassen, das kann keine App. Und das macht eben auch meine Bar Kupfer, das Tier, Bürkner Eck und alle mitstreitenden Bars bei Craft Cocktails aus.

Wieviele Drinks machen für alle Beteiligten noch Spaß?
Ein jeder nach seinem Flakon, sagte mir kürzlich jemand aus der Bar Tier. Und so sollte es auch bleiben. Der menschliche Körper baut üblicherweise 0,1 Gramm reinen Alkohol pro Kilo Körpergewicht pro Stunde ab. Dies bedeutet 200 ml Bier oder 20 ml Spirituose. Da wird schon klar, dass bei gemäßigtem Trinken irgendwo zwischen dem zweiten und dritten Cocktail für einige Zeit der Höhepunkt liegt. Uns geht es um den Genuss von Spirituosen. Und ob unsere Gäste dann zwei alkoholfreie, hochwertige Mixturen oder acht Martinez nehmen: alles gut, so lange sie sich wohlfühlen, zu keinem unangenehm werden oder einen schlechten Morgen haben.

Nun zum Festival Craft Cocktails. Was hat dich bewogen das zu gründen und zu organisieren?
Mir ging es darum, handwerklichen Spirituosen eine größere Bühne zu verleihen. Ich arbeitete zusammen mit Theo Ligthart und Thomas Kochan an dem Festival „Destille“ und baute dessen Bühnen- und Weiterbildungsprogramm auf. Dabei fiel mir auf, wie wenig von diesen Spitzenspirituosen in der Berliner Barlandschaft benutzt werden. Und das trotz Weltruf!
Daher gründete ich kurzerhand das Craft Cocktails Kreuzkölln. Es sollte in fußläufiger Entfernung und gleichen Zeit zur „Destille“ stattfinden. Es wurde ein Erfolg, wir wachsen inhaltlich und geografisch. Und so sind wir Kreuzkölln entwachsen und umspannen mit 19 Teilnehmern als „Craft Cocktails“ eine Fläche vom Mehringdamm bis zur Frankfurter Allee.

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Gibt es so etwas wie einen Schwerpunkt beim diesjährigen Festival?
Tatsächlich. Der Begriff Cocktail muss neu gedacht werden. Wir müssen weg vom Gedanken „Saft plus Zucker plus Schnaps plus Eis gleich Cocktail“. Denn wenn man sich die Geschichte ansieht, reden wir doch vielmehr von diversesten Mixturen! Das wollte ich gerne stärker in den Vordergrund rücken. Und wenn man da erstmal drüber nachdenkt, öffnen sich einem noch ganz andere Möglichkeiten. Weswegen auch ein Brauer, ein Sherryhändler und zwei Kaffeehäuser dabei sind. Denn sowohl The Barn, als auch Happy Baristas haben wirklich ambitionierte Kaffeecocktail-Programme. Bei denen geht es ganz klar um Terroir, Filigranität und regionalen Charakter!

Craft Cocktails
Das Festival des handwerklichen Trinkgenusses

Mittwoch 27.2. bis Samstag 2.3.2019, Programm und Infos unter www.artisanbar.camp/craftcocktails

Kupfer
im Nest, Görlitzer Straße 52, Kreuzberg, www.artisanbar.camp/kupfer,
während Craft Cocktails Kreuzkölln Mittwoch bis Samstag ab 20 Uhr, sonst nur Freitag und Samstag ab 20 Uhr