Fotos: Selina Schrader Thomas Wenzel Aufmacher
Thomas Wenzel

„Wir haben immer überrascht“

Sie gibt es in Berlin seit 1763, die Königliche Porzellan-Manufaktur kurz KPM genannt. In jeder Epoche gestalteten herausragende Künstler und Designer die Porzellan-Stücke. Wegweisend waren zum Beispiel im 19. Jahrhundert Karl Friedrich Schinkel oder Johann Gottfried Schadow, im 20. Jahrhundert Gerhard Marcks oder Marguerite Friedlaender. Zurzeit ist es Thomas Wenzel, der für Innovation und humorvolle Provokation sorgt. Ein Besuch in seinem Atelier

Interview: Eva-Maria Hilker • Fotos: Selina Schrader

Wir sitzen hier oben in einem weitläufigen Raum. Und du teilst dir diesen Raum ...
Thomas Wenzel: ... mit einer Kollegin. Das Atelier gibt uns genügend Platz, um kreativ zu werden, Entwürfe zu diskutieren und zu testen.

Hier kann man sich ausbreiten. Wie sieht denn dein Alltag aus? Musst du hier morgens um acht strammstehen und lässt um 17 Uhr den Griffel fallen?
Wir arbeiten bei der KPM Berlin mit Gleitzeit. In der Regel bin ich gegen halb neun in der Manufaktur und je nach Auftragslage kann es auch schon mal 21 Uhr werden.

Das ist doch früh.
Für die KPM Berlin ist das nicht unbedingt früh. Die Fertigung beginnt bereits um halb sechs Uhr morgens.

Du bist also flexibel in deiner Arbeitszeit.
Ja, das liegt auch an der Vielfalt der Tätigkeit. Ich arbeite nicht nur an Designs und Dekor­entwürfen, sondern es sind viele Abstimmungsprozesse, die es im Alltag zu koordinieren gilt.

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Was bedeutet Dekor?
Dekor ist im Grunde genommen Malerei.

Hast du ein Beispiel?
Wir haben beispielsweise für die Bauhaus-Serie zum 100. Bauhaus-Jubiläum im vergangenen Jahr die Vasenform „Halle“ in das Zentrum unserer Arbeit gestellt. Wir haben die Form nochmal neu gedacht und mit verschiedenen Dekoren die Sehgewohnheiten gebrochen. Dabei haben wir uns natürlich an dem Bauhaus-Grundgedanken orientiert und diesen adaptiert. Auch in Kooperation mit dem Tapetenhersteller Rasch, der nach wie vor Original-Bauhausdesigns in seinem Portfolio hat, haben wir ein Tapetenmuster als Grundlage genommen und diesen auf den Hals der Vase adaptiert.

Die Vasenform an sich ist von wem?
Die Vasenform „Halle“ ist von Marguerite Friedlaender-Wildenhain, einer Bauhaus-Schülerin und späteren Leiterin der Keramikwerkstatt der Kunstgewerbeschule Burg Giebichenstein.

Stichwort Sehgewohnheiten: Wenn man da länger draufguckt fängt es vor den Augen an zu flirren, herrlich.
Wir haben hier viel ausprobiert und uns für die deutlich spannendere Variante entschieden. Das Interessante dabei ist der Bruch, der hier entsteht, also dass man von der Strichstärke immer zarter wird und dann ganz konsequent diesen Schnitt macht.


„Manchmal sitzt der Dekorentwurf auf Anhieb und manchmal braucht es zwei oder drei Wochen bis man ein schönes Ergebnis hat.“

Wie lange braucht so etwas? Wie kann ich mir das zeitlich vorstellen?
Das ist tatsächlich sehr divers. Manchmal sitzt der Dekorentwurf auf Anhieb und manchmal braucht es zwei oder drei Wochen bis man ein schönes Ergebnis hat.

Woraus schöpfst du deine Ideen? Hast du immer Vorlagen wie bei den Tapeten?
Bei mir ist es nicht so, wie man es sich vielleicht vorstellt: Man hat eine Idee und dann steht man nachts auf und fängt an Wände mit Entwürfen zu bemalen. Ich denke etwas anders als ein freier Gestalter. Das hat damit zu tun, dass ich die Ideen des Unternehmens fühle und somit auch immer den wirtschaftlichen Aspekt mitdenke.

Das klingt eher sachlich rational und wenig künstlerisch ambitioniert. Muss das so sein, um auf dem Markt zu bestehen? Du beobachtest den sehr genau?
Mit Enzo Mari und der Meisterwerkstatt, haben wir zusammen die Form „Berlin“ entwickelt. Sie sollte die bestehenden Design-Klassiker der Neuen Sachlichkeit ergänzen. Die Entwicklungszeit dauerte ungefähr zweieinhalb bis drei Jahre. Die Kosten lagen grob geschätzt bei 900.000 bis eine Million Euro. Und dann hat man nur einen Versuch: Man geht auf die Messe und präsentiert die gesamte Serie. Entweder es wird ein Erfolg oder eben nicht. In dem Fall war es ein großer Erfolg. Aber es kommt erschwerend hinzu, dass die Serie in sich recht klar und sehr schlicht ist, wie die bereits existierenden Formen der Neuen Sachlichkeit. Das wiederum führt dazu, dass der Käufer vor eine Entscheidung gestellt wird. Es ist nicht so, dass man mit der Form „Berlin“ eine völlig neue Zielgruppe erreicht hat, sondern eher im gleichen Fahrwasser war.

Was meinst du mit gleichem Fahrwasser?
Ich meine damit die anderen Formen, die wir schon haben, die anderen Service. Es entsteht so etwas wie ein Kannibalismus. Der Kunde, der vorher vielleicht „Urbino“ gekauft hat, geht dann rüber und kauft „Berlin“. Da gehen die Umsätze bei dem anderen Service nach unten. Man hat also nicht unbedingt den Effekt, dass man eine neue Zielgruppe hat und somit mehr Umsätze erzielt.

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Aber verlangt der Kunde nicht immer nach Neuem?
Die Ess- und Lebensgewohnheiten haben sich verändert. Es werden alte Erbstücke mit neuen Produkten und mit Liebhaberstücken vereint auf den Tisch gestellt. Die Situation, dass man sich ein komplettes Service kauft, wird immer seltener. Und auch das Kernsortiment innerhalb einer Serie hat sich reduziert. Es gibt mehr Flach- und Hohlteile, also Teller und Tassen, die Kaffeekanne dagegen spielt kaum noch eine Rolle. Alles an Dosen, Terrinen oder Saucieren ist nicht mehr im Trend. Das Zweckentfremden von Gegenständen, die man mag, ist zur Gewohnheit geworden. Zum Beispiel aus einer Schale trinken oder aus einem Becher essen. Da beginnt meine Überlegung. Was könnte man anstelle eines ganzen Services, das Risiken und Kosten mit sich bringt, für ein Konzept entwickeln? Ich schöpfe aus mir selbst, aus meinen Erfahrungen, aus einer gewissen Routine heraus. Und dadurch, dass ich mich nicht selbst verwirkliche, suche ich in der eigenen Marken-DNA. Und das Schöne und Inspirierende war, dass wir bis 1993 noch technisches Porzellan hergestellt haben. Und ich bin Liebhaber von diesen Stücken und hab sie auch immer gesammelt.

Technisches Porzellan? Was versteht man darunter? Sind das die Isolatoren an den Hochspannungs­leitungen?
Ja, wir haben auch für Stromleitungen technisches Porzellan hergestellt. Und auch der Berliner Funkturm steht auf Isolatoren aus KPM-Porzellan.


„Der Trend geht eindeutig zu einer Wohnküchenkultur. Kochen, essen, trinken – alles in einem Raum.“

Kann man das heute noch begutachten?
Die Pfeiler sind in der Erde durch Porzellan isoliert, das sieht man nicht von außen. Wir haben aber vor allen Dingen Labor-Porzellan hergestellt. Darauf fußt der Gedanke der neuen Serie LAB. Ich habe das als Schnittmenge verstehen wollen und mir vorgestellt, dass man nicht nur vom klassischen Labor ausgeht sondern LAB im heutigen Sinne versteht: das Kreative, aus verschiedenen Bereichen Zusammengesetzte, der Versuch Dinge zu verändern. Ich habe die alten Labor-Porzellane als Vorbild genommen und angefangen, eine Linie zu entwickeln, mit dem Gedanken, weg vom gedeckten Tisch zu kommen. Mir ging es darum, etwas zu entwickeln, das einerseits Sicherheit gibt, eine junge, neue Zielgruppe anspricht und vor allen Dingen mit der Funktionalität zu arbeiten. Der Trend geht eindeutig zu einer Wohnküchenkultur. Kochen, essen, trinken – alles in einem Raum. Dadurch hatten wir ein völlig neues Thema und den Vorteil, dass wir Produkte in unser Portfolio aufgenommen haben, die wir in den über 250 Jahren nie hatten. Kaffeefilter, Salz- und Pfeffermühle, Kräutergarten, also viele Produkte, die es sonst noch nicht gab. Und dieser zusätzliche Mix der Oberflächen, Glasur und Biskuit, die Haptik der Gefäße, das Mischen der Materialien mit Holz und mit Stahl, hat dazu geführt, dass LAB ein richtiges Alleinstellungs­merkmal innerhalb des eigenen Portfolios hat.

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Du meinst innerhalb der Produkt-Bandbreite von KPM.
Genau. Meine Überlegung war: Was kann ich machen, damit es wirklich ein Produkt ist, das sich nicht kannibalisiert, das völlig neu ist, aber eine gewisse Vertrautheit und eine universale Formsprache hat. Und da lag es nahe, aus der eigenen DNA zu schöpfen und das Labor-Porzellan als Inspiration zu nutzen. Das eigentlich Raffinierte an dem Konzept ist, dass wir nicht wie bei der Serie „Berlin“ einen Oneshot gemacht haben, sondern uns auf einzelne Themen fokussiert haben, die jedes Jahr erweitert werden. Wir gehen außerdem in die Vorpräsentationen und zeigen den Kunden schon mal die nächsten Produkte, die zu erwarten sind. Wir laden den Kunden praktisch ein, mitzuentscheiden.

Mit den Kunden meinst du die Zwischenhändler?
Nein, ich rede vom Endkunden selbst. Wir erhalten Zuschriften oder lassen die Kunden bei Veranstaltungen testen. Wir zeigen also etwas, das eigentlich noch gar nicht auf dem Markt, mitunter noch in der Entwicklungsphase ist. Da gibt es teilweise Kritiken, aber auch Lob nach dem Motto „Toll, das brauche ich unbedingt, macht das!“ Wir haben beispielsweise mit einer kleinen Tellergröße angefangen und die Nachfrage nach weiteren Größen stieg stetig. Und das hat jetzt schon im vierten Jahr den Vorteil, dass es kein einziges Produkt der LAB-Serie gibt, das gefloppt ist. Im Gegenteil. Wir bringen einen größeren Teller auf den Markt und können bereits aufgrund der vorangestellten Nachfrage beurteilen wie gut der sich verkauft.


„Alles beginnt hier im Atelier mit einem weißen Blatt Papier und Bleistift. Wir verzichten also auf digitale Renderings.“

LAB ist also immer in der Entwicklung. Du entwickelst am Computer neue Formen, dann gehst du runter zu jemandem und sagst: „Mach mir jetzt mal eine Form und versuch das mal zu brennen!“ Ist das so?
Alles beginnt hier im Atelier mit einem weißen Blatt Papier und Bleistift. Wir verzichten also auf digitale Renderings. In regelmäßigen Abständen tagen wir in einer großen Produktentwicklungsrunde, bei der ich meine Ideen präsentiere. Mitunter habe ich dann über unsere Modellwerkstatt eine Makette, also ein 1:1-Modell aus Gips, vorbereiten lassen. Damit bekommt man ein besseres Gefühl für die Größe und die Proportionen.

Das ist das, was hier vor uns steht.
Nein, das ist Porzellanmasse, das wäre die Modellgröße, die durch Trocknung und die Brennprozesse noch um 16 Prozent schwindet. Ich arbeite gerade an einer Bowl mit einem kleinen Teller zum Abdecken. Und wenn ich die Modellgröße präsentieren würde, dann würden wahrscheinlich einige sagen, das sei zu groß.

Du willst also lieber die reale Größe präsentieren, weil sich niemand 16 Prozent weniger vorstellen kann.
Man überfordert die Leute damit, wenn man sagt, stell dir vor, das ist 16 Prozent kleiner.

Und hier sind die Oberflächenmaterialien Biskuit und Glasur.
Genau. Das kann man in die Hand nehmen und hat diese tolle Haptik.

Hast du das eingeführt mit der zweifachen Haptik?
Nein, das gab es teilweise auch schon beim Labor-Porzellan.

War das ein pragmatischer Grund, damit es nicht rutscht?
Es lag eher daran, dass es innen unglasiert war, für Mörser zum Beispiel. In punkto Wirtschaftlichkeit ist das Tolle an dieser Form, dass die feine Trinklippe nicht nur angenehm in der Nutzung ist, sondern zugleich als Spannring wirkt. Somit verzieht sich die Form bei knapp 1.400 Grad im Glattbrand nicht. Wir brauchen also keine zusätzliche Brennstütze, wie es bei anderen Tassen der Fall ist, zu fertigen. Wir sparen dadurch erhebliche Kosten.


„Ein Designer, der etwas entwickelt, das von der Produktionsseite her viel zu kostenintensiv ist, bringt wirtschaftlich keinen Nutzen.“

Das ist also der erwähnte wirtschaftliche Faktor. Das sind deine Gedanken an Kosten- oder Einspareffekte und die Optimierung der Produktion.
Ein Designer, der etwas entwickelt, das von der Produktionsseite her viel zu kostenintensiv ist, bringt wirtschaftlich keinen Nutzen. Ich möchte, dass die Produkte am Ende erfolgreich sind. Und deshalb arbeite ich täglich mit allen Abteilungen zusammen. Ich bin oft in der Endfertigung, in der Ofenhalle, in der Modellwerkstatt, in der Formgießerei, arbeite dort mit den Kollegen zusammen.

Du gehst also in jede Abteilung und guckst ob alles läuft?
Genau, ich bin der Störer. (lacht)

Zurück zum LAB. Wie lange hat konkret die Realisierung bis zum Verkauf gedauert?
Die Idee hatte ich ungefähr ein, zwei Jahre vor der ersten Lancierung. Und dann habe ich Stück für Stück angefangen, die ersten Themen zu entwickeln. Zeichnerisch, teilweise in Maketten umgesetzt. In der Produktentwicklungsrunde habe ich das Thema dann immer wieder vorgestellt und schließlich überzeugt. Das war vor vier Jahren.

Wie viele Leute sind bei einer Präsentation und beurteilen das?
Wir haben einen Leitungskreis, der besteht aus Geschäftsführung, Marketing, Vertrieb, Produktion, Malerei und Produktentwicklung. Das sind in der Regel zehn Personen. Auch der Inhaber Herr Woltmann ist immer dabei und gibt seinerseits Input. Und wir gehen sehr respektvoll miteinander um und diskutieren konstruktiv. Wenn ich dann ein Produkt vorschlage, habe ich auch manchmal Präsentationsideen für den POS oder die Vermarktung. Mit diesem Impuls entsteht dann eine konkrete Ideenfindung mit allen Abteilungen. Wie kann man das Produkt in Szene setzen, wer ist die konkrete Zielgruppe, wie kann das Schaufenster aussehen, etc. Anschließend geht es in die konkrete Planung der Fertigung und schließlich werden die Launch-Termine festgelegt.

Ich sehe jetzt gerade auf der Wandtafel mit dem Plan für Neuentwicklung, dass die Salz- und Pfeffermühle einen Haken hat, also auf dem Markt ist, der Speiseteller auch, genauso die Butterdose und die Teeschale, die Teefamilie hat keinen Haken ...
Die Teefamilie ist aktuell in der Planung. Ich habe hier Skizzen.

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Dann ist hier etwas ganz in rot notiert, Bowl und Teller. Wieso ist das ganz in rot?
Wir haben das Produkt vor etwa einem halben Jahr gemeinsam verabschiedet. Ich habe es rot markiert, damit ich direkt mit der konkreten Entwicklung anfange.

Die Bowl ist ja im Moment der Renner, auch als Gericht.
Wir versprechen uns einiges davon.

Dann kommen wir zum nächsten Thema: Dem LAB-Becher. Den kenne ich nicht nur von euch, sondern auch vom Ellington. Ist das eine Tradition, dass ihr mit der Gastronomie zusammenarbeitet?
Wir sind vor allem in der gehobenen Gastronomie zu finden. Auch die LAB-Serie findet dort immer mehr Anklang.

Ich weiß von Caterern, die mit den Proportionen nicht klarkommen, mit den Größen. Stößt das etwas bei dir an oder reagierst du erst, wenn jemand konkret auf dich zukommt?
Es ist schon vorgekommen, dass wir speziell für die Gastronomie Produkte entwickelt haben. Wir konnten beobachten, dass ein Teller mit etwa 30 Zentimetern Durchmesser besonders attraktiv für die Branche ist. Aber auch Individualisierungen im Dekorbereich werden gern angefragt.

Die Teller sind schon fast wie eine Leinwand, wo der Koch als Künstler darauf etwas inszeniert.
Das wollen die Köche gerne. Wenn der Teller zu klein ist, kann man nicht viel machen. Daher ist eine gewisse Präsentationsfläche für die Köche wichtig.

Und dieser ganze Keramik-Trend, der in den letzten Jahren aufkam, bunt und strukturiert, hast du daran jemals einen Gedanken verschwendet?
Wir haben mit der LAB-Serie zum Teil darauf reagiert und durchgefärbte Masse in einem aufwendigen Bicolor-Verfahren hergestellt.

Aufwendig in der Produktion.
Genau. Das ist ein Doppelmasse-Guss. Man gießt erst die farbige Masse in die Form, die überschüssige Masse gießt man nach zwei, drei Minuten wieder aus. Anschließend hat man in der Form eine ganz dünne Haut aus farbigem Porzellan. Im zweiten Schritt wird dann weiße Masse eingegossen. Ich wollte keine komplett durchgefärbte Masse machen, das wirkt zu keramisch und uns ist es wichtig, dass es Porzellan bleibt.

Ich habe aber Teetassen gesehen, die waren gefärbt.
Nein, die sind bemalt. Die sind von Hand gestupft, einem sehr aufwendigen Malereiverfahren.

Wie bekommst du den Spagat zwischen Tradition und zeitgemäßem Lebensgefühl hin?
Für mich war immer problematisch, dass wir oft so rückwärtsgewandte Themen hatten. Jubiläen zum Beispiel: 250 Jahre KPM, 300 Jahre Friedrich der Große. Und ich habe mir überlegt, wie ich dem ein Augenzwinkern geben? Ich hatte schon immer die Idee ein Kontra-Thema zu machen und die klassische Esskultur mit Fastfood zu verknüpfen. So entstand die „Kurland“-Currywurstschale mit der Patchwork-Bordüre. Das war ein Aha-Effekt und nahm ein bisschen diese preußische Strenge aus dem klassizistischen Service raus.


„Man muss auch mal Flagge zeigen und ein bisschen überraschen und klassische Sehgewohnheiten aufbrechen, dann bekommt man auch Aufmerksamkeit.“

Und jeder wollte plötzlich die Currywurstschale haben.
Die Meinungen gingen auseinander, die Schale hat ziemlich polarisiert. Das ist das Beste was man haben kann, denn dann bleibt man immer im Gespräch. Man muss auch mal Flagge zeigen und ein bisschen überraschen und klassische Sehgewohnheiten aufbrechen, dann bekommt man auch Aufmerksamkeit.

Dann habt ihr die Kaffeebecher herausgebracht.
Du sprichst jetzt von den „To-go-Bechern“. Das war auch so ein Superschuss. Vor zehn, zwölf Jahren hatten wir das Thema bereits auf dem Tisch. Damals habe ich gesagt: „Um Gottes Willen, macht das nicht“. Und es ist wirklich so: Man braucht den richtigen Zeitpunkt. Und vor zwei Jahren war es dann soweit.

Vor zwei Jahren erst?
Genau da ging es erst richtig los mit den Themen Nachhaltigkeit und Umweltverschmutzung. Die ganze Thematik hat zu diesem Zeitpunkt genau gestimmt.

Habt ihr den Deckel für die Becher extra herstellen lassen?
Nein, der ist aus der Schweiz. Das ist ein spezielles Material, das geruchsneutral ist und umweltfreundlich. Wenn wir Deckel hätten extra anfertigen lassen, hätten wir den Becher nicht so günstig verkaufen können.

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„Wenn alle sagen, wir machen grün, dann sage ich, lasst uns mutig sein, wir machen gelb.“

Zur letzten Frage mit Blick in die Glaskugel: Wo geht es hin?
Ich bin immer mit offenen Augen unterwegs und bin sehr, sehr wählerisch. Aber ich suche immer eine Nische, die vollkommen anders ist. Wenn alle sagen, wir machen grün, dann sage ich, lasst uns mutig sein, wir machen gelb. Das gehört zum Erfolg. Wir haben immer überrascht. Wir schwammen immer ein bisschen gegen die Strömung und dadurch haben wir in gewisser Weise Trends gesetzt.

KPM – Königliche Porzellan-Manufaktur Berlin
Wegelystraße 1, Charlottenburg, Tel. 030 390 09 0, www.kpm-berlin.com