Johannes Paetzold als Erntehelfer, Fotos: John Henry Schulz Aufmacher Kalamata
Kalamata

Spreizt man die Finger der Hand, dann wäre Kalamata die Rundungsbucht zwischen kleinem Finger und Ringfinger. Die Hafenstadt auf dem Peloponnes liegt im Bezirk Messenien und damit im wichtigsten Anbaugebiet für Oliven in Griechenland. Von hier kommen die – ungefärbt – schwärzesten Oliven der Welt, die weltberühmten Kalamata-Oliven. Johannes Paetzold ist auf die griechische Halbinsel gereist, hat bei der Ernte geholfen und festgestellt: Hier dreht sich alles um das schwarze griechische Gold. Diese Region bietet jedoch mehr als nur Oliven

Marc und Amadeus Marc und Amadeus

Berliner und ihr Olivenhain

Marc und Amadeus sind Schulfreunde. Nach dem Abi kamen sie irgendwann auf die spinnerte Idee, sich im Heimatort von Amadeus’ Großeltern einen Olivenhain mit 350 Bäumen zu kaufen und das erwirtschaftete Öl nach Berlin zu importieren. Später kommt der Italiener Simone dazu. Sie übernehmen weitere Olivenhaine in Pacht, kooperieren mit den Bauern vor Ort. Von Palette bis Verarbeitung bleibt das Geld in Griechenland.

oliven 1 oliven 2 oliven 3 oliven 4 oliven 5 oliven 6


Zuerst wurden sie belächelt, nun ernst genommen. Denn die drei sind vielleicht Neulinge im Öl-Business, aber sie kennen den Berliner Markt. Ihr Öl ist bio-zertifiziert. Und sie gehen neue Wege. Aus Restbeständen produzieren sie eine Heilsalbe, die bereits in Tattoo-Studios erfolgreich getestet wurde. Und sie verbinden in geheimer Mixtur ihr Öl mit Gin und generieren damit einen neuen mediterranen Flavour. Ganz bewusst gestalten sie ihr Design als Verbindung von Alt und Neu. Trendy matt schwarz ist die Verpackung, alle Produkte ziert aber auch das Konterfei von Anthoula – der Großmutter von Amadeus, die in Kalamata wohnt und noch immer ihrem Enkel und seinen Freunden auf dem Feld hilft.

OEL Berlin
www.oel-berlin.de


George Callicounis George Callicounis

Griechischer Gin

Nur 40 Kilometer von den Olivenhainen der Berliner entfernt erstreckt sich ein prachtvolles Industriegebäude, der Sitz der ältesten Destillerie Griechenlands. Seit vier Generationen produziert die Callicounis-Familie hier edlen Gin, der Gründungsvater war schon 1900 bei der Weltausstellung in Paris mit seinen hochprozentigen Drinks vertreten und gewann sogar eine Goldmedaille. Stolz führt Urenkel George Callicounis durch die Destillerie. Schmuckstück sind die Lagerhallen, anliegend an holzgetäfelten Räumen, gestaltet von der Tochter, einer Architektin. Hier bleibt alles in der Familie, auch das Rezept für den Old Sport Gin. Neben der klassischen Wacholder-Zutat sind auf jeden Fall Orangenschalen, Koriander-Samen und vor allem das Harz der Mastix-Pistazienbäume in der Mixtur enthalten. Jüngst haben Callicounis und Oel Berlin zueinander gefunden. „Klar, die kamen mit einer verrückten Idee“, lacht George Callicounis, „aber ich mag die Deutschen, wir hatten sofort einen Draht zueinander.“ Dieses Vertrauen wird sich bald für alle auszahlen. George Callicounis lässt seinen Old Sport Gin mit dem Öl der Berliner aromatisieren, das Öl wird nach dem Vorgang wieder extrahiert, so dass nur das Aroma zurückbleibt. Die ersten 1000 Flaschen stehen inzwischen zum Verkauf in Berlin bereit.

Callicounis Distilleries
7th km Kalamata-Messini RD, Tel. +30 27210 69805, www.callicounis.gr


Kantoina Kantoina

Mehr als Choriatiki

Das Restaurant mit seinen hohen Räumen würde auch in Berlins Hip-Zirkeln seine Fans finden, fast kathedralenartig schrauben sich Regale acht Meter in die Höhe. Nur würde die Location in Berlin keiner bezahlen können, es würde die Meeresluft fehlen, das Klima – und das Licht, das an diesem Tag hereinscheint. Holzvertäfelt ist die Bar, wie ein Triptychon sieht man drei Fotos alter Männer über dem Regal dort. Regional traditionell im Update – weltweit wird dieses Prinzip heute in den Profiküchen umgesetzt, in Griechenland ist das für Perry und sein Küchenteam, mit der Geschichte der mediterranen Kultur dafür eine offene Spielwiese. Der klassische Choriatiki, der Bauernsalat mit Tomaten, Feta und manchmal Kapern kommt hier verfeinert mit Frischkäse, Rote Bete und Wildkräutern auf den Tisch. Dazu gibt es Dakos, getrocknetes Brot. Einfache Gerichte wie Bandnudeln mit Broccoli oder Hühnchen in Rahmsauce erhalten hier ihren regionalen griechischen Touch und Twist. Fürs Dessert verbindet sich geschmolzener griechischer Käse mit Honigfäden. „Nach dem ersten Biss“, schreibt eine Besucherin, „wollte ich in die Küche gehen und den Koch küssen.“ Man schöpft aus dem Vollen in der Kantoina, auch aus der Kräuterwelt, die in der Markthalle im Stadtzentrum von den Bauern angeboten wird.

The Kantoina
Ithomis 5, Kalamata 241 00, Tel. +30 2721 086000, www.thekantoina.gr


Perry, der Besitzer Perry

Über 100 Weine

Der Besitzer, der sich uns nur als Perry vorstellt, führt zwei Geschäfte nebeneinander in Kalamatas Innenstadt. Zum Einen den Weinladen, mit dem er sich ausschließlich auf griechische Weine spezialisiert hat. Neben Georgien ist Griechenland noch immer das Land mit den meisten autochthonen Rebsorten, der sprachliche Ursprung des Adjektivs spricht Bände. Der Ruf des griechischen Weins hat schwer gelitten unter Udo Jürgens und Retsina als Urlaubs-Plörre. Bei Perry wird im Gaumen alles wieder ins richtige aromatische Licht gerückt. Er kennt landesweit alle Winzer und ihre Weine, die internationalen Standards in Ausbau und Lagerung genügen. Neben dem klassischen Anbau bietet er auch Orange- und Naturweine an. Auch damit schließt sich der Kreis im Geiste Griechenlands, denn der Amphorenwein antiker Zeiten kommt der heutigen Philosophie der Naturweine sehr nahe. Perry nimmt sich für jeden Zeit, verkostet, empfiehlt, ist der beste Botschafter, um den ramponierten Ruf bald vergessen zu machen. Mit über 100 ausschließlich griechischen Weinen findet hier jeder seinen richtigen Wein zum Meer, zur Tageszeit, oder zum Essen in Perrys Restaurant nebenan.

Winekiosk
Aristomenous 39, Kalamata 241 00, Tel. +30 2721 021122, www.facebook.com/winekiosk


Kalamata Farmer’s Market Farmers Market

Wochenmarkt in Kalamata

Auf der Agora im mythischen Griechenland entstand die Demokratie. Hier wurde diskutiert, hier traf sich das Volk. Und hier wurden die Waren verkauft. Agora, so heißt der Markt in Griechenland bis heute, der Wochenmarkt in Kalamata strömt die Aromen der Region aus. Frische Tomaten in Topqualität. Honig, aus Spartas Bergen, wichtiger Bestandteil des griechischen Desserts, Jaorti me Meli, Joghurt mit Honig. Quitten sind überraschend auf einem Stand in großer Fülle zu sehen. Und natürlich alle die grünen Köstlichkeiten, die man in den griechischen Restaurants in Deutschland so gut wie nie zu Gesicht bekommt: Mangold, Löwenzahn, Horta, in großen langen Bündeln, nass und frisch, die Bauern stehen selbst am Stand und verkaufen ihre Ware. Das Aroma des Salbei Berg-Tees, Tsai tou Bounou, steigt in die Nase. Zartbesaitete umgehen die Fisch und Fleisch-Stände, hier riecht es animalisch ursprünglich. Großmütter schuppen den Fisch, man tippt auf die Ware. Hier hat das Leben noch keinen Plastikfilter zwischen Produkt und Mensch geschoben.

Kalamata Farmer’s Market
Spartis Road, direkt gegenüber vom Busbahnhof