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Indische Restaurants

Yaha svādiṣṭa thā!

„Es war hervorragend!“ – so auf Hindi. Und dieses Urteil ist heute immer häufiger zu hören. Die neu eröffneten indischen Restaurants beweisen endlich die Qualität und die Eigenständigkeit dieser Küche. Das Verhältnis der indischen Küche und Berlins Esskultur war und ist seit über 45 Jahren kein einfaches. Autorin Eva-Maria Hilker beobachtet diese Beziehung seit den 80ern. Heute ist die positive Entwicklung der indischen Küche in der Hauptstadt, ob Fine Dining oder im Schnell­restaurant, nicht mehr zu leugnen

Foto: Ashoka Ashoka

Das Ashoka am Savignyplatz war damals ein Lieblingsrestaurant. Es galt unter den Student*innen West-Berlins als eine Institution, suggerierte es Weltläufigkeit, einen Einblick in eine völlig andere, faszinierende Kultur. Alles schmeckte besser, wenn es nicht nach deutscher Küche roch. Palak Paneer, herrlich gewürzter Spinat mit Weichkäse, und das fettige Ballonbrot, das Bathura – das waren die Alternativen zu den Restaurants des Establishments! Und sie waren günstig.

Der Student Ashok hatte Ende der 70er, Anfang der 80er sein kleines Restaurant eröffnet – mit einfachsten Mitteln. Heute würde man es der Streetfood-Kultur zuordnen. Damals stöhnte Ashoks Partnerin über misstrauische Charlottenburger*innen, die Kardamom-Kapseln als Ungeziefer identifizierten und das Gesundheitsamt darauf aufmerksam machten. Es gab damals auch das Calcutta, das Namaste, aber da war die Küche dem Geschmack der zahlungskräftigen Berliner*innen angepasst.

Foto: Chutnify Chutnify

Nach Mauerfall etablierten sich in Prenzlauer Berg ein paar Schnellrestaurants wie das Chutnify, das die leuchtende, bunte Designsprache der Bollywood-Filme importierte und mit unterschiedlichen Schärfegraden operierte. Und das ziemlich erfolgreich, mittlerweile gibt es in Neukölln eine Filiale und in Portugal zwei weitere.

In den 90er- und Nuller-Jahren gab es auffällig im Kolonialstil inszenierte indische Restaurantketten, die einen gnadenlosen Preiskampf lostraten. Wer liefert das günstigste Essen? Ein Zwei-Gänge-Menü für vier Euro? Kein Problem! Diesen Wettbewerb heizen einige Restaurantketten bis heute an, das Sonderangebot ist nicht mehr für vier, jetzt ungefähr für sieben Euro zu haben.

Billiges indisches Essen geht eigentlich gar nicht – seit einem kurzen morgendlichen Erlebnis. Auf dem Fahrrad durch Schöneberg zu einem Interviewtermin ging es zufällig an einem LKW vorbei, von dem Gemüse für ein indisches Restaurant abgeladen wurde. Der Anblick ist mir bis heute im Gedächtnis geblieben. Ich habe Gemüse noch nie in solch einem Zustand gesehen.

Da konnte man nur neidisch auf die indischen Küchen in London blicken. Dort spielen beste Produktqualität und authentisches Essen die Hauptrolle. Diese feine Esskultur ist die Folge von britischer Kolonialpolitik und demzufolge unbürokratischer Einwanderungspolitik. Die jedenfalls ist in Berlin immer noch nicht einfach.

Foto: India Club India Club

Hoffnung keimte auf und wurde erfüllt als Manish Bahukhandi, Küchenchef im India Club, mit seinem Fine Dining neue Maßstäbe gesetzt hat. Ursprünglich aus Delhi in Nordindien und Koch in der dritten Generation seiner Familie arbeitete er für viele luxuriöse Hotelketten in verschiedenen Staaten Indiens. Sein Chicken Tikka Highway sollte man probiert haben, ebenso seine Kochkurse. Diese erklären den Umgang mit den vielfältigen Gewürzen und Gewürzmischungen, für die die indische Küche bekannt ist. Das ist nicht so kompliziert wie es den Anschein hat. Der Umgang mit dem Tandoor – einem speziellen, mit Holzkohle, Holz oder bei modernen Typen mit Gas geheizten Backofen – ist schon schwieriger. Im India Club werden fast alle Gerichte und Zutaten dort zubereitet.

Foto: Bahadur Bahadur

Im selben Jahr 2017 eröffnete Gaurav Sharma das Bahadur (vor kurzem das zweite Restaurant GapShap). Und Tandoori-Gerichte sind in dem Wilmersdorfer Restaurant die Spezialität. Das Murgh Tikka, der Hähnchenspieß, gilt als einer der Klassiker. Eigentlich ganz einfach zubereitet: Dafür wird zuerst das Hähnchen in größere Würfel geschnitten. Diese werden erst mit Zitrone überträufelt und gesalzen und dann ordentlich mit einer Paste aus Ingwer und Knoblauch verknetet. Nebenbei wird in einer zweiten Schale Joghurt mit Garam Masala gewürzt, sowie einem speziellen Chili, der sehr farbintensiv, aber nicht zu scharf ist. Auch hier kommt Knoblauch dazu, sowie Kasoori methi (Bockshornkleeblätter) und Senfsaatöl. Das wiederum wird mit dem eingelegten Hähnchen vermengt und das Ganze muss mindestens fünf Stunden kühl lagern. Im Bahadur geht es in den 150 °C heißen Lehmofen, die aufgespießten Hähnchenwürfel werden 20 Minuten lang in die Hitze gehängt. Zuhause geht es auch im Backofen.

Mr. Chai Wala, Foto: Ariane Bille Mr. Chai Wala

Der indischen Küche steht eine erstaunliche Menge an Kräutern, Saaten, Körnern, Currys, Chilis zur Verfügung. Und die kommen in Berlins indischen Restaurants endlich großzügig zum Einsatz. Mit der Schärfe muss sich die Hauptstadt noch anfreunden. Denn das indische Scharf ist nicht mit dem europäischen zu vergleichen. Wer seine Grenzen ausprobieren möchte, ist im jüngst eröffneten Mr. Chai Wala an der richtigen Adresse. Hier ist scharf scharf.

Foto: House of Tandoor House of Tandoor

Auch das vor ein paar Wochen eröffnete House of Tandoor ist eine gute Adresse, um sich mit nordindischer Küche weiter vertraut zu machen. Auch hier spielen die Tandoors die Hauptrolle in der Küche. „Modern interpretierte nord­indische Küche im Family style“ wird serviert. Das Konzept ist erfolg­versprechend, stammt es eben aus London. Ein Must Have sind die Green Pea Samosas mit Mintsauce und der Seebarsch in Kokusnuss-Sauce gegart. Dazu passt ein Orange Wine, der Tacheles vom Weingut Weinreich.
Die Innen­einrichtung des Restaurants im Hoxton Hotel stimmt nach­denklich, eine Kombination aus Art-déco-Elementen des Westens und der 1920er-Jahre-Opulenz der Hotels in Bombay und Kalkutta ist mehr als außergewöhnlich.

Saravanaa Bhava, Foto: emh Saravanaa Bhava

Ein bodenständiges Indienfeeling transportiert das Saravanaa Bhavan am Potsdamer Platz. Es ist die „100ste-und-noch-was“-Filiale der weltweit agierenden Restaurantkette. Die Speisekarte gleicht eher einem Buch mit angeblich über 300 Posten. Wer hat die jemals nachgezählt? Die Dosas oder die Uttapams sind eine sichere Nummer, egal mit welcher Füllung, mit welchen Beilagen. Bei jedem Besuch geht es auf sensorische Entdeckungstour, indem unbekannte Gerichte geordert werden – übrigens alle vegetarisch. Die werden klassisch auf Edelstahl serviert. Auf die Empfehlungen des unaufdringlichen Services ist Verlass. Und so kommt man vielleicht zum ersten Mal in den Genuss von Vada, kleine Linsen-Doughnuts in salziger Joghurt-Sauce, oder dem indischen Filterkaffee mit Gulab Jamun, in Honigwasser schwimmenden Milchbällchen. Yaha svādiṣṭa thā!

Ashoka
Grolmanstraße 51, Charlottenburg, Tel. 030 310 15 806, www.myashoka.de

Chutnify
Sredzkistraße 43, Prenzlauer Berg, Tel. 030 44 01 07 95, www.chutnify.com

India Club
Behrenstraße 72, Mitte, Tel. 030 20 62 86 10, www.india-club-berlin.com

Restaurant Bahadur
Sigmaringer Straße 36, Wilmersdorf, Tel. 030 22 47 46 10, www.restaurant-bahadur.de

GapShap
Güntzelstraße 19, Wilmersdorf, Tel. 030 861 67 54, www.gapshapberlin.com

Mr. Chai Wala
Kantstraße 31, Charlottenburg, Tel. 030 92 21 06 55, www.mister-chai-wala.de

House of Tandoor
Meinekestraße 18-19, Charlottenburg, Tel. 030 233 21 84 81, www.thehoxton.com

Saravanaa Bhavan
Potsdamer Platz 5, Tiergarten, Tel. 030 55 65 56 54, www.saravanaabhavan.de