Fotos: Selina Schrader Aufmacher Fernanda Befi
Fernanda Befi

„Außerdem braucht man ein dickes Fell!“

Sie machen Mut, sie machen auf Risiken aufmerksam und sie sind ehrlich. Wir fragen Frauen und Männer aus der Branche in unterschiedlichsten Positionen. Fernanda Befi ist Geschäftsführerin der Holly Gastrobar in Neukölln und zudem Wein- und Bier-Sommelière. Sie wurde in Brasilien geboren, ist aber in Italien aufgewachsen und hat in Florenz studiert

1. War dein Berufsweg geradlinig?
Fernanda Befi: Geradlinig war mein Weg ganz sicher nicht: Bevor ich meine Liebe zur Gastronomie entdeckt habe, hatte ich ein komplett anderes Leben. Ich habe Tiermedizin studiert und bin nach Berlin gekommen, um meine Doktorarbeit zu vollenden. Doch als das geschafft war, fing ich an, als Teilzeitkraft in der Gastro zu jobben und hobbymäßig viel darüber zu lernen. Ich hatte Spaß an der Gastfreundschaft und beschloss, dass ich zu jung war, um mein Leben lang nur eine Sache zu tun. Also ließ ich mich auf das Risiko ein und blieb in der Gastronomie.

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2. War dir von Anfang an klar, wohin du willst?
Ich hätte mich besser informieren können, denn meine Vorstellung von der Gastronomie hatte mit der Realität nicht viel zu tun. Aber ich fing einfach an zu arbeiten und herauszufinden, wo mein Platz sein könnte. Vielleicht war das auch gut so.

3. Was würdest du aus heutiger Sicht anders machen?
Ich würde nicht viel anders machen, ich habe eine Menge gelernt. Im Nachhinein hätte ich vielleicht ein Konzept erstellen sollen, das leichter zu skalieren ist und weniger stark von meinem Partner und mir abhängt. Vermutlich hätte uns das aber auf Dauer nicht glücklich gemacht. Das Gastgewerbe ist mit sehr viel Leidenschaft verbunden und völlig anders als jeder andere Job, den ich je gemacht habe.

4. Wer hat dich am meisten beeindruckt oder inspiriert?
Simon Guitard, mein Lebens- und Geschäfts­partner, hat mich von Anfang an inspiriert und ohne ihn hätten wir die Holly Gastrobar ganz sicher nicht eröffnet. Mittlerweile ist einige Zeit vergangen und er beeindruckt mich noch immer.

5. Was muss man wissen, wenn man als Inhaberin eines Restaurants arbeiten möchte?
Meiner Meinung nach ist es total wichtig, zu verstehen, was es heißt, eine Eigentümerin zu sein – egal in welchem Geschäftsfeld. Es ist eine große Verantwortung, die man trägt, auch seinem Team gegenüber. Außerdem braucht man ein dickes Fell, denn als Chefin wird man oft kritisiert und mit den unterschiedlichsten Meinungen konfrontiert. Jeder hat etwas zu sagen. Und das nicht nur innerhalb des Teams: Auch die Gäste machen deutlich, was ihnen gefällt und was nicht. Essen, Dekoration, Musik – alles ist sozusagen angreifbar.
Umso wichtiger ist es, ein klares Ziel vor Augen zu haben und an das eigene Konzept zu glauben, sonst stellt man ständig alles in Frage und revidiert zu viele Entscheidungen. Wenn es mal wirklich schwierig wird, sollte man sich bewusst machen, warum man das tut: im besten Fall aus Liebe zu seinem Geschäft.

Holly Gastrobar
Mainzer Straße 23, Neukölln, www.hollyberlin.com