Maximilian Fritzsch von Sake 36, Foto: Jordi Cervera Aufmacher Fritzsch
Maximilian Fritzsch

„Sake ist mein liebster Alkohol“

Die Türen von Sake 36 haben Maximilian Fritzsch, Richie Hawtin und Laura Käding im Jahr 2020 geöffnet. Maximilian war schon seit 2014 in diesem Bereich tätig und Richie Hawtin schätzt seit Anfang der 90er Jahre als weltreisender Techno-DJ die Kultur Japans und den Sake. Gerade hat Maximilian die Testreihe von JETRO (Japan External Trade Organization) mit organisiert. Nach der dritten Tasting-Runde im KaDeWe sollte klar werden, was die hiesigen Saketrinker*innen bzw. die Gastro-Branche bevorzugen

Interview: Eva-Maria Hilker • Fotos: Kira Möller

Ein Techno-DJ ist schon ein erfolgversprechender Türöffner für ein nicht so mainstreamiges Getränk wie Sake, um es einer jungen, aufgeschlossenen Generation näherzubringen?!
Maximilian Fritzsch: Richie Hawtin hat vor rund acht Jahren sein eigenes Sake-Label gegründet, das heißt „ENTER.Sake“, nach der weltweiten Partyreihe namens Enter. Er bringt zusammen mit Brauereien vor Ort Spezialabfüllungen heraus. Die hat er dann in Europa und in den USA über verschiedene Großhändler vertrieben. Direkten Kundenkontakt gab es nie. Zusammengekommen sind wir eher zufällig. Seine Frau ist auch Berlinerin – die Welt ist klein – und irgendwann haben wir uns zufällig getroffen und gemocht. Daraufhin folgten viele Abendessen und Treffen, und wir haben festgestellt, dass es beim Thema Sake kaum mehr an einer gemeinsamen Schnittfläche geben kann. Erst haben wir uns um ein gemeinsames Lager gekümmert. Dann hatten wir eine kleinere Ladenfläche dabei, wo Kunden vorbeikommen konnten, meist aus dem Gastrobereich. Am Ende ist dabei Sake 36 herausgekommen. Wir importieren, wir lagern, wir haben den Großhandel, wir haben den direkten Ladenverkauf, wir haben einen Ausschank, wir haben Events, wir haben Tastings.

Susan Choi & Robbert de Wildt von Mr. Susan Sake-Tasting 1
Machiko Akazawa von Machikos Kitchen Sake-Tasting 2

Auch die drei Tastings für das Fachpublikum.
Die japanische Wirtschaftsförderorganisation JETRO ist auf mich zugekommen. Es ging um 20 verschiedene Sake aus einer bestimmten Region in Japan, die verkostet werden sollten. Diese 20 Sake gab es noch nie auf dem europäischen Markt.

Was versprechen sich die japanischen Brauereien von dieser Art des Tastings?
Die Brauer würden gerne erfahren, welcher Sake hierzulande gut ankommt, um dann eben weiter zu navigieren. Sie bekommen dadurch ein Feedback von Profis aus der Gastronomie, von Sommeliers und von Journalisten. Bei diesen professionellen Verkostungen ging es darum mit dem Auge, der Nase und dem Mund eine Bewertung vorzunehmen, Foodpairing-Optionen vorzuschlagen, eventuell auch eine Preisvorstellung.

Jennifer Florin aus Cookies World Sake-Tasting 3
Kang San Lee vom Jabe Restaurant Sake-Tasting 4

Kannst du jetzt schon erkennen, wohin die Reise in Europa mit dem Sake geht?
Ganz klar gibt es so zwei, drei Präferenzen. Eine ist der Sparkling von Toyokuni, ein recht fruchtbetonter, flaschengegärter Sake mit einer besonderen Säure im Abgang. Dann der Ichinokura Sake Plus. Alle fanden den wahnsinnig. Und die dritte bevorzugte Sorte war dann doch eine recht kantige, trockene, spontan fermentierte Sache.

Sake-Tasting ist auch harte Arbeit Sake-Tasting Bewertung

Ist es nicht schwierig, dem europäischen Publikum oder gerade auch den Deutschen, denen man ja Sparsamkeit in Sachen Lebensmitteln nachsagt, einen Sake für 50 Euro die Flasche näherzubringen?
Absolut. Wenn ich nicht wüsste, was Sake ist, würde ich zögerlich 50 Euro ausgeben. Dann das Geld doch eher in eine Flasche Rotwein anlegen. Gerade deshalb ist auch unser Tasting-Room wichtig. Dort können Gäste hinkommen, die entweder schon Ahnung haben oder aber völlig ahnungslos mal was probieren wollen. Bei einem ersten Glas können wir da erklären, was Sake überhaupt ist. Und Sake schmeckt halt einfach fantastisch. Die meisten Sake in unserem Angebot befinden sich übrigens in einem Preissegment rund um 30 Euro.

Die jüngere Generation hat sich beim Thema Naturwein bzw. Orange Wine auf neue Geschmackswelten eingelassen. Ist das auch bei Sake erkennbar?
Ja, das würde ich definitiv so sehen. Aber es ist noch nicht der große Hype. Die Akzeptanz und der Markt wächst organisch, der Konsum geht konstant nach oben. Gerade in Berlin ist das deutlich spürbar. Es ist hier gerade das internationale Publikum, viele Italiener, viele Amerikaner, auch Touristen, die unseren Laden besuchen. Einige haben schon mal Sake irgendwo im Restaurant oder an einer Bar getrunken, haben ein wenig Vorkenntnis und suchen dann etwas ähnliches. Und es gibt die Klientel, die offen für Experimente sind, die ein bestimmtes Genusserlebnis haben wollen. Viele Kunden schauen sich auch vorab in unserem Online-Shop um und machen sich schlau, wollen dann aber gerne vor Ort bei uns eine ausgiebigere Beratung. Manche nehmen Platz bei uns, trinken ein Glas und nehmen dann eine Flasche mit nach Hause.

Der Sparkling-Sake von Toyokuni Sparkling-Sake

Eine eher laienhafte Frage: Sake ist in Japan Nationalgetränk und dort garantiert nicht so teuer wie hier?
Wir hören in unserem Geschäft auch ab und an mal, dass der Sake ja viel teurer sei als in Japan. Das stimmt, aber es ist der Kühlkette geschuldet. Wenn Sake längere Zeit dem Sonnenlicht ausgesetzt oder ungekühlt gelagert wird, verliert er Brillanz, Eleganz, seine Leichtigkeit – und genau davon lebt er, von dieser subtilen, leichten Hintergründigkeit. Deswegen haben wir eine hundertprozentige Kühlkette: In Japan, in der Brauerei, ist alles gekühlt, dann kommt von unserer Reederei ein Kühltruck angefahren, lädt die Palette ein und bringt sie nach Yokohama in ein Prä-Cooling-Lager. Danach wird sie auf das Schiff in einem Container, der konstant vier Grad kühl ist, geladen und nach Hamburg geschippert. Dort kommt der Sake in das Kühllager vom Zoll. Nach der Zollabfertigung geht es im Kühltruck nach Berlin, in unser Kühllager. So kommt der Sake in der perfekten Qualität an.

Der Mainstream lässt sich bei den höheren Preisen schwer gewinnen. Aber der Sparkling-Sake hat das Zeug dazu, ein breites Publikum zu finden. Ist das eine europäisch inspirierte Machart?
Ja, ganz klar. Die japanischen Sake-Brauer haben großen Respekt und eine große Liebe für den französischen Wein- bzw. Perlwein-Markt. Die Branche von Brauern und Köpfe der japanischen Brauwirtschaft haben Frankreich besucht, speziell die Champagne und hatten Einblicke in die Champagner-Produktion. Es war ein langwieriger Prozess, bis der erste Sparkling-Sake mit der Méthode Champenoise hergestellt wurde, um aus Reis und Wasser so eine Textur, so ein Geschmackserlebnis zu kreieren.

Ihr habt euch also auf die jüngere Generation der Sake-Brauer konzentriert.
Wir von Sake 36 kooperieren mit Brauereien, die einen eher moderneren Brau-Ansatz verfolgen. Das unterscheidet uns von anderen Importeuren. Diese haben seit Jahren ihr stabiles Sortiment. In den letzten Jahren hat sich sehr viel in der Sake-Welt getan. Sparkling-Sake ist da nur ein Beispiel, und wir versuchen immer die Entwicklung in Japan hier in Deutschland abzubilden.

Habt ihr lange Beziehungen zu euren Brauern oder beendet ihr zwischendurch auch mal die Geschäftsbeziehungen?
Das ist noch nie passiert. Wir haben wunderbare Kontakte zu all unseren Brauern. Wir kennen sie alle persönlich. Mein Geschäftspartner Richie Hawtin kennt manche Brauer schon seit über 20 Jahren. Die Beziehungen wachsen, man schreibt sich z.B. Weihnachtskarten. Ich würde keine einzige unserer Brauereien jemals verlieren wollen.

Gruppenbild mit Sake:
Junnosuke Kawabe (1. Botschaftssekretär), Takahiro Yamashita (2. Secretary Financial Attaché), Shiho Kogai, Hiroyuki Kosuge, Yumiko Sato (JETRO Berlin), Maximilian Fritzsch (Sake 36)
Gruppenbild mit Sake

Noch mal zum Thema Sake-Tasting, das von JETRO initiiert worden ist. Welche Rolle spielt diese Organisation?
Der Service der JETRO ähnelt ein wenig dem einer Außenhandelskammer. Sie machen einen großartigen Job und fördern die Zusammenarbeit von hiesigen Geschäftsleuten mit japanischen Produzenten. So z.B. bei den Einkaufsprogrammen für Sake. In Japan möchten Brauereien unter anderem nach Deutschland exportieren, dann wendet sich Japan an das Berlin Office von JETRO. Diese kennen Sake-Importeure, die wiederum mit der Gastro-Branche in Kontakt sind. Auch kann es zu Einkaufsprogrammen kommen, wo man nach Japan geflogen wird und Meetings vor Ort hat. Ich durfte das schon mehrmals machen. Das ist auch harte Arbeit. Drei Tage, jeweils acht Stunden, um die 20 Meetings – das ist durchgetaktet ohne Ende, aber es ist alles sinnvoll. Ich kann extrem viele Sachen in kurzer Zeit verkosten und gute Gespräche face to face mit den Brauereien haben. Nach solch einem Einkaufsprogramm, wie in meinem konkreten Fall, gebe ich dann JETRO einen Abschlussbericht. Und ein weiteres Beispiel ist eben die Zusammenarbeit bei Events, also z.B. den drei Tastings, die gerade abgeschlossen worden sind.

Letzte Frage: Trinkst du überhaupt noch Wein?
Sake ist mein liebster Alkohol. Weil er eine milde Säure hat. Ich vertrage Säure nicht mehr, auch wenn ich jetzt wie ein alter Mann klinge! (lacht). Ich hab mich einfach so daran gewöhnt und es lieben gelernt. Wein kommt gerade noch auf Platz 2.

Sake 36
Reichenberger Straße 36, Kreuzberg, Tel. 030 69 53 26 91, www.sake36.com

ENTER.Sake
www.entersake.com

JETRO Berlin
Friedrichstadt-Passagen, Quartier 205, Friedrichstraße 70, Mitte, Tel. 030 20 94-55 60,
www.jetro.go.jp/germany